Schwälmer Tracht – Die Halsketten

Zu ihrer stolzen Tracht trugen die Schwälmerinnen Halsketten – sogenannte „Krälln“. Der Ausdruck „Krälln“ kommt ursprünglich von „Korallen“. Ketten aus Korallen wurden von reichen Schwälmerinnen getragen.

Später wurden die „Krälln“ aus böhmischen Glasperlen mit Facettenschliff

oder aus Bernstein gefertigt.


Auch die Bernsteinsperlen hatten einen Facettenschliff.


Die Ketten waren kurz. Ein buntes Seidenbändchen diente als Verschluss. Die Perlen umrundeten den Hals nicht vollständig. Ein kurzes Stück im Nackenbereich wurde durch das Seidenbändchen überbrückt.

Die Perlen wurden auf eine starke, feste Schnur gefädelt.


Oft wurden die schweren Ketten zweireihig getragen. Ein Knoten in dem Faden


markierte die Stelle, an der der Strang gewendet und zurück gelegt wurde.


Das Seidenbändchen wurde an einem Ende der Kette mittig verknotet.


Ein Ende des Seidenbändchens wurde an der Stelle, die durch den Knoten markiert war, um den Strang geschlungen.

Beide Enden des Seidenbändchens wurden im Nacken zusammengeknotet.


Die Enden der Seidenbändchen schauten als zusätzliche Dekoration im Nacken hervor.


Innerhalb einer Kette wurden etwa gleichgroße Perlen verwendet. Unterschiedliche Größen für Mädchen und Frauen waren üblich.


Die Perlen für Erwachsene hatten einen Durchmesser von ca. 2 cm. Solch eine doppelreihige Kette mit 30 Perlen (links im Bild oben) wiegt 280 g! Haben Sie schon mal eine solch schwere Halskette getragen?


Die Scheiben des Bernsteins waren ungefähr 1 cm dick


und hatten einen Durchmesser von mehr als 2 cm. Solch eine doppelreihige Bernsteinkette mit 74 Scheiben wiegt 190 g.


Die Ketten wurden über den seidenen Halstüchern getragen.


Das machte das Tragen der schweren Steine angenehmer.


Zur schwarzen Tracht trug man Ketten aus schwarzen Glasperlen.


Gegen Ende der Trachtenmode wurden aus Glas geblasene Perlen gebräuchlich.

Schwälmer Tracht – Freu-und-Leid-Tücher

Eine besondere Art der Schwälmer Halstücher für Frauen waren die Freud-und-Leid Tücher.


Besonders kostbare, reinseidene Tücher waren so gearbeitet, dass man sie sowohl zu fröhlichen als auch zu traurigen Anlässen tragen konnte.


Da die quadratischen Tücher diagonal gefaltet wurden, kam entweder die bunte


oder die schwarze


oder schwarz-weiße Seite zum Vorschein.


Oft waren diese besonders prächtigen Tücher zusätzlich bestickt.

Schwälmer Tracht – Die Halstücher

Um den Hals trugen die Schwälmerinnen zur stolzen Tracht quadratische Tücher aus reiner Seide.


Die Tücher der jüngeren Frauen waren, abgestimmt auf die Basisfarbe der Tracht, sehr farbenfroh.


Meist waren die Ränder mit eingeknüpften, seidenen Fransen versehen.


Die Fadenbündel der Fransen wurden mindestens einmal,


oft jedoch mehrfach zusammen geknotet.


Die Tücher wurden einmal diagonal gefaltet. Das entstehende Dreieck wurde in den Rücken gelegt. Abhängig davon, wie die Kappenschnüre (Inhalt eines zukünftigen Beitrages) getragen wurden – im Rücken oder auf der Brust -, wurden die Enden entweder vorn in der Taille zwischen Schürze und Röcken eingesteckt


oder um den Hals geschlungen, unter dem Kinn gekreuzt und im Nacken unter dem Dreieck verknotet.

Schwälmer Tracht – Die Trolljacken

Wenn die Witterung kühler wurde, trugen die Schwälmerinnen zur Festtagstracht über Mieder und Weste noch zusätzlich kurze, langärmlige Jacken.

Die Jacken hatten einen Oberstoff aus Seide, Kaschmir oder Tuch


und waren vollständig gefüttert –


entweder mit einem glatten Beiderwand-Gewebe (einer Wolle-Leinen-Mischung)


oder mit aufgerautem Beiderwand-Gewebe.


Die bogenförmig zugeschnittenen Vorderteile wurden mit herzförmig angebrachten Knopfreihen verschlossen. Die Trolljacke einer erwachsenen Frau war normalerweise mit 19 Knöpfen bestückt. Es ist überliefert, dass nicht alle Knöpfe zugeknöpft wurden, sondern immer 3 bis 4 Knöpfe ungeknöpft blieben.


Die meisten Jacken waren ähnlich wie die Westen unter den Knöpfen mit Samtbändern belegt.


Die Jacken gab es in grün, lila (zur blauen Tracht) und schwarz.


Oft wurden die grünen Seidenstoffe


mit kleinen roten Mustern von Hand bestickt.


Die Ärmel waren lang und schmal


und wurden mit zwei Knöpfen geschlossen.


Die Kanten der Ärmel erhielten einen Besatz aus schwarzem, zackenförmig zugeschnittenem Samt, der mit einfachen Zierstichen dekoriert wurde


Die Jacken waren taillenkurz und eng anliegend geschnitten.


Den unteren Abschluss bildete ein ca. 5 cm hoher, in Kellerfalten gelegter Streifen, der sich beim Tragen auf die Röcke legte. Dieser Faltenbesatz brachte der Jacke den Namen „Trolljacke“ ein.


Der Stoffstreifen für die Kellerfalten war gefüttert und am unteren Ende mit schwarzem Samt eingefasst.


Bei gemustertem Stoff waren die Falten sorgfältig auf die Musterung abgestimmt.


Damit die Falten nicht aufspringen konnten, waren sie von der Rückseite aus mit zwei Reihen von Stichen


unterschiedlicher Machart befestigt.


Auch zur roten Tracht von Mädchen wurden grüne Trolljacken getragen.

Schwälmer Tracht – Die weißen Schürzen

Zur weiblichen Festtagstracht der Schwalm gehörten neben den dunklen auch weiße Schürzen. Diese waren allerdings den Mädchen bis zur Heirat vorbehalten und wurden an hellen, warmen Tagen zum weißen Mieder und der roten Tracht getragen.
1942 veröffentlichte Heinrich Metz (1897 – 1973) einen Artikel über die textile Aussteuer einer Schwälmer Braut. Darin hieß es bezüglich der Schürzen:
Die weißen Schürzen waren vom Zuschnitt her den dunklen Schürzen sehr ähnlich. Allerdings waren sie viel aufwändiger gearbeitet. So wurden die beiden Leinenbahnen, die man für die Weite der Schürze benötigte, wenn kein Leinen ist der benötigten Breite zur Verfügung stand, meist mit einer Ziernaht zusammengehalten.
Die Schürzenbunde waren mit feinster Weißstickerei und Nadelspitze am oberen Rand verziert.
Der Verschluss durch Haken und Öse wurde mit vergoldeten Schließen überdeckt.
Oft waren im oberen, glatten Mittelbereich zwischen den Faltenpartien die Initialen der Trägerin und kleine Ornamente in farbigem Kreuzstich eingestickt.
Manchmal war auch die Jahreszahl der Herstellung vermerkt.
Ganz besonders aufwändige Exemplare hatten noch zusätzliche Weißstickerei im oberen Bereich der
glatten Partien, wie hier an der Seite unterhalb des Schürzenbundes
oder in der Mitte unterhalb des Schürzenbundes
Die Partien zwischen den glatten Bereichen waren fein gefältelt.
Es gab Schürzen mit durchbrochenen Mustern
und solche mit auf dem Stoff aufliegenden Mustern, wie hier in Herz-
und Kreismotiv zu sehen.
Am häufigsten waren allerdings die mit Plattstichen ausgeführten schmalen Börtchen
in sehr unterschiedlichen Ausführungen,
und die in Knötchenstichen und Plattstichen ausgeführten Musterungen.
Konturenvorlagen für solch kleine Börtchen kann man in meiner Publikation Schlängchen & Co in großer Anzahl finden.
Auch die Nadelspitzen waren unterschiedlich aufwändig gearbeitet.
Neben sehr schlichten Ausführungen
arbeitete man oft auch mehrreihige Nadelspitzen mit Pyramidenzäckchen und unterschiedlichen Pikots.
Eine ausführliche Beschreibung der Arbeitsweise von Nadelspitze, Pyramidenzäckchen und Pikots kann man in meiner Publikation Schwälmer Nadelspitzen – leicht gestickt finden.
Nicht zuletzt die adrette weiße Schürze – natürlich in Verbindung mit schwarzen Röcken und schwarzer Weste, weißem Mieder, den roten Rocksäumen und dem roten Käppchen – machte die Tracht populär und als Rotkäppchen-Tracht weithin bekannt.