Globales Schwälmer Mustertuch – Update (36)

Globales Schwälmer Mustertuch – Update (36)

Nun sind auch die Schriftstreifen fertig – gestickt, gekocht und grob gebügelt warten sie auf ihre weitere Verarbeitung.

Um dem Rand des großen Mustertuches mehr Stand zu verleihen und ihn stabiler werden zu lassen, will ich die dort verwendeten Stoffe mit dünner, bügelbarer Vlieseline unterlegen.

Grit Kovacs hat mir dankenswerterweise vier verschiedene Qualitäten zum Testen zur Verfügung gestellt. Mir war gar nicht bewusst, dass es so sehr unterschiedliche Vliese für diesen Zweck gibt. Nun konnte ich sie ausführlich ausprobieren.

Alle Qualitäten sind von Vlieseline, einer Marke der Gruppe Freudenberg Performance Materials.

Bügeleinlage H250.
Die Bügeleinlage H250 ist von allen vier Produkten die stabilste und hat den festesten Griff. Die Vliesfasern sind in alle Richtungen verfilzt. Die Fixierschicht ist eben und leicht unterbrochen. Das Vlies ist bis zu 60 Grad waschbar.

Bügeleinlage H200.
Die Bügeleinlage H200 ist wesentlich dünner als H250. Die Fasern sind eher in einer Richtung angeordnet. Dadurch ist der Griff unterschiedlich – quer zur Faser fühlt sie sich weich, in Faserrichtung wesentlich widerspenstiger an. Die kaum sichtbare Fixierschicht ist noppenartig aufgetragen.

Bügeleinlage G405
Ähnlich dünn wie H200 ist das Bügelvlies G405. Es hat einen sehr weichen Griff. Die Fasern verlaufen ähnlich wie bei H200 eher in einer Richtung. Die Fixierschicht ist noppenartig aufgetragen. Es ist bis zu 40 Grad waschbar.

Vlieseline G700
Bei Vlieseline G700 handelt es sich um eine schwere, fixierbare, gewebte Einlage aus reiner Baumwolle.
Der Griff ist zwar nicht ganz so weich wie der von G405, aber doch als weich zu bezeichnen. Die kaum sichtbare Fixierschicht ist flächig aufgetragen.

Für meine Testreihe habe ich je vier vorgewaschene Teile der im Mustertuch verwendeten Materialien, Baumwollstoff und Leinen, zugeschnitten und die unterschiedlichen Vliese aufgebügelt. Das ging bei dem Baumwollvlies G700 auch mit etwas höherer Bügeleisentemperatur problemlos. Bei G405 gab es Schwierigkeiten. Die Temperatur musste abgesenkt werden.

Die Verbindungen aller Vliese mit dem Stoff sind stabil.

Zuerst habe ich jeden Stoff einmal gefaltet und die Falten mit den Fingern ausgestrichen. Bei H250 sind die Falten sofort wieder aufgesprungen. Ähnlich, aber nicht ganz so massiv, verhielt es sich bei H200. Am besten liegen geblieben ist G405. Auch G700 blieb einigermaßen liegen.

Anschließend habe ich einen Knittertest unternommen, indem ich die Teile ungefähr gleich lange und gleichmäßig fest zusammengeknautscht habe.

Der mit G700 unterlegte Stoff zeigte die geringsten, der mit G405 unterlegte die schwersten Knitterfalten. Die beiden mit H250 und H200 unterlegten Stoffe bewegten sich im Mittelfeld, wobei H250 etwas stärker krumpelte als H200.

Beim anschließenden Bügeln verschwanden die Knitterfalten in allen Baumwollstoffen unproblematischer als im Leinen. G700 schnitt hier vor H250 am besten ab – weil schon vorab weniger Knitterfalten vorhanden waren.

Ein Dehntest zeigte, dass G700, G405 und H200 – mit abnehmender Intensität in der Reihenfolge der aufgeführten Artikel – sowohl diagonal zum Fadenlauf

als auch im Fadenlauf leicht dehnbar sind. Nur H250 verhielt sich formstabil.

Ein abschließender Waschtest soll letzte Klarheit bringen, obwohl später eine Wäsche ja nur von sehr untergeordneter Bedeutung sein wird.

Dazu habe ich die Teststreifen in zwei Teile getrennt und jeweils nur ein Teil gewaschen, um Veränderungen besser feststellen zu können.

Nach der etwas mehr als handwarmen Wäsche und dem liegend Trocknen haben sich alle Qualitäten bis auf G405 gewellt, vor allem in Verbindung mit dem Leinen.

Die Vliese H200

und H250 wiesen besonders im Bereich des Leinens Beulen auf.

Die Bügeleinlage G405 blieb relativ glatt,

und die Bügeleinlage G700 blieb vollständig glatt.

Nach Bügeln bei mittlerer Hitze lagen die Oberflächen von H250 und G405 wieder glatt, während sie bei H200 und G700 im Bereich des Leinens leicht gewellt blieben.

Die Qualitäten H200 und H250 zeigten keinen Einlauf, während G700 einen minimalen und G405 (Bild unten) einen deutlich sichtbaren Einlauf erlitten. Die Oberstoffe waren ja bereits vorher gekocht und dadurch zum Schrumpfen gebracht worden. Der jetzige Einlauf ist also auf das Vlies zurückzuführen.

G405 zeigte nach der Wäsche eine deutliche Tendenz zum Ablösen,

die man in abgeschwächter Form auch bei H200 und H250 beobachten konnte. Einzig G700 blieb in der Verbindung fest.

All diese Testergebnisse berücksichtigend habe ich mich entschlossen, die gewebte Baumwoll-Bügeleinlage G700 für die Randbefestigung des Mustertuches zu verwenden.

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Globales Schwälmer Mustertuch – Update (35)

Globales Schwälmer Mustertuch – Update (35)

Dank präziser Vorbereitung und Assistenz beim Halten der großen Stoffmenge während des Maschinennähens ist das Innenteil des Mustertuches nun komplett zusammengefügt. Es misst 1.90 m x 3.08 m.

Doch bevor es aufgehangen werden kann, muss noch eine Randbefestigung angebracht werden.

In dieser Randgestaltung soll eine erläuternde Inschrift integriert werden. Für folgenden Text habe ich mich entschieden:

Globales Schwälmer Mustertuch
erdacht und angefertigt aus Anlass und während der Coronavirus Pandemie in 2020
unter Beteiligung von Stickerinnen aus 14 Nationen.
Das Projekt wurde entwickelt, betreut und final verwirklicht durch Luzine Happel aus Eschwege, Deutschland

Da nach meinen Vorstellungen das Mustertuch um die Welt reisen soll, ist es sinnvoller, diesen Text in englischer Sprache zu halten.

GLOBAL SCHWALM SAMPLER

CREATED DURING THE CORONAVIRUS PANDEMIC OF 2020

COLLECTED FROM EMBROIDERERS FROM 14 NATIONS

THE PROJECT WAS CONCEIVED, IMPLEMENTED, AND BROUGHT TO FRUITION BY LUZINE HAPPEL OF ESCHWEGE, GERMANY

Die Schrift soll in drei verschiedenen Größen gehalten werden: die größte für die Überschrift, die mittlere für die beiden Zeilen, die links und rechts der Stickereien angeordnet werden sollen und die kleinste für den langen Text der Erläuterung am unteren Ende des Mustertuches.

Zur Ausführung der Schrift habe ich Kreuzstiche gewählt – die in der Schwalm gebräuchlichste Art der Buchstabengestaltung. Allerdings sind die üblichen Schwälmer Schriftzeichen sehr stark verziert. Das macht sie schwer leserlich. Daher habe ich mich für an diese Schrift angelehnte, aber weniger verzierte Buchstaben entschieden.

Wie in der Schwalm üblich, werden die Kreuze über 3 x 3 Gewebefäden gestickt.

Die kleinste Schrift wird mit einem Kreuz pro Grafik-Kästchen dargestellt, die mittlere mit je 2 x 2 Kreuzen und die größte mit je 4 x 4 Kreuzen.

Gestickt wird mit 2-fädigem Sticktwist. Als Farbe habe ich 888 von Anchor gewählt – die am weitesten verbreitete Farbe zum Arbeiten von Schwälmer Kronen und eine Nuance dunkler als die Farbe der Verbindungsstreifen. Als Grundstoff habe ich 13,5-fädiges Leinen ausgesucht.

Für den gesamten Schriftzug sind 12074 Kreuze und somit 24148 Stiche auszuführen – und das auf dem dicht gewebten, für gezählte Stickerei doch sehr feinen Leinen. Nach Versuchen mit den mir zur Verfügung stehenden Hilfsmitteln wie Brillenvorsatz und kleiner Lupenlampe habe ich mir eine andere, flexiblere Lupenleuchte zugelegt.

Nun kann die Arbeit zügig von der Hand gehen. Aber die vielen Stiche wollen dennoch alle erst gestickt sein!

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Ein „Blick durch´s Schlüsselloch“

Zum Ende des Jahres möchte ich Ihnen einen „Blick durch´s Schlüsselloch“ gewähren. So können Sie erahnen, was in den nächsten Wochen an Blogbeiträgen wartet.

Jetzt wünsche ich Ihnen das Beste für das kommende Jahr – möge die COVID-19 Pandemie bald unter Kontrolle gebracht werden! Bleiben Sie gesund, haben Sie Spaß an Schwälmer Weißstickerei und genießen Sie jeden einzelnen Stich!

Gutes Neues Jahr!

Globales Schwälmer Mustertuch – Update (34)

Globales Schwälmer Mustertuch – Update (34)

Bevor die 10 Bahnen des Mustertuches zusammengenäht werden konnten, mussten erneut zuerst die Verbindungsstreifen zugeschnitten werden. Da ich keine angesetzten Streifen haben wollte, wurden sie in voller Länge in Kettrichtung des Stoffes zugeschnitten. Die Rückseitenstreifen wurden markiert und gebügelt.

Die langen Nähte wurden wieder sehr sorgfältig durch Klammern und anschließendes Heften vorbereitet. (Immer mal wieder reißt der Oberfaden oder der Unterfaden geht zu Ende, ohne dass ich es sofort bemerke. Da ist es gut, die Stofflagen mit kurzen Heftstichen sicher und unverrutschbar verbunden zu haben.)

So ging das Nähen an der Maschine relativ zügig voran. Nach einigen Stunden hatte ich schon mehrere Bahnen aneinander gefügt. Eigentlich wollte ich die Arbeit für diesen Tag abschließen. Aber es war ein heller, sonniger Tag und bei Tageslicht arbeite ich lieber als bei elektrischer Beleuchtung. So beschloss ich, noch eine Weile weiter zu werkeln. Doch dann ist es passiert: Wahrscheinlich war ich nicht mehr konzentriert genug und so habe ich einen rückwärtigen Streifen mit der Vorderseite nach unten angenäht!

Ausgerechnet diese Bahn hatte viele locker gewebte Leinen, die ich durch zusätzliche Zickzackstiche mit dem Streifen verbunden habe. Auftrennen der vielen hundert kleinen Stiche empfand ich als unmöglich. Den Streifen verkehrt herum zu lassen, hätte die Handnaht sehr erschwert, denn es ist nicht einfach, eine fest gebügelte Falte zu wenden. Was also sollte ich tun? Ich ließ die Arbeit ruhen, um zu überlegen.

Am nächsten Tag war die Lösung da. Der Streifen wurde vorsichtig dicht an der Naht durchschnitten. So konnte der verkehrt angenähte Stoff unter der Naht herausgezogen und entfernt werden. Ein neuer Streifen wurde mit einer weiteren Naht dicht neben der ersten auf der Rückseite befestigt. Auch diese Hürde war genommen!

Sogar die langen Handnähte waren eine kleine Herausforderung. Die Bahnen wurden mit den Verbindungsstreifen an die Tischkante legt. Mit dem Fortschritt der Naht wurde das Buch zur Erhöhung der Tischplatte weitergeschoben und mein Stuhl weiter gerückt. Es war etwas mühsam, aber praktikabel.

Die nach unten hängenden Bahnen wurden aufgerollt und festgesteckt, damit sie nicht auf dem Boden hingen.

Meine Geduld wurde dabei auf eine harte Probe gestellt. Der sich ständig verknotende Faden ließ zügiges Arbeiten nicht zu. Beim Ärger darüber habe ich mich öfter mal in den Finger gestochen und musste aufpassen, dass kein Blutstropfen auf das Mustertuch gelangte.

Mit jeder zusätzlichen Bahn wurden die Stoffmassen größer, damit auch das Gewicht höher und somit unter der Nähmaschine schwerer zu regieren. Daher habe ich zunächst zwei Teile mit je 5 Bahnen zusammengefügt. Sie bringen doch immerhin ein Gesamtgewicht von 2170 g auf die Waage.

Beim Zusammennähen der beiden Teile werde ich Assistenz benötigen.

Auch über das finale Bügeln mache ich mir schon meine Gedanken.

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Globales Schwälmer Mustertuch – Update (33)

Globales Schwälmer Mustertuch – Update (33)

Auch beim Zusammenfügen der letzten Bahn musste ich Entscheidungen treffen. Eine Stickerei mit einem Blattmotiv misst 25 cm x 26 cm. Nach meinem Empfinden – und ich denke auch nach dem Empfinden der Stickerin – müsste das Blatt mit der Achse von links nach rechts steigend angeordnet werden. Folglich stünden aber nur 25 cm Breite für die Bahn zur Verfügung und alle anderen Stickereien müssten auf diese Breite reduziert werden.

Dann hätte ich aber Schwierigkeiten mit anderen Stücken gehabt, denen ich keinen weiteren Zentimeter Stoff wegschneiden konnte.

Also entschied ich mich für eine Bahnbreite von 26 cm und platzietre das Blattmotiv mit der Blattachse von rechts unten nach links oben steigend.

Es gab auch noch ein paar andere Dinge zu bedenken. Einmal habe ich nicht aufgepasst und ein Motiv mit dem Kopf nach unten angenäht. Zum Glück habe ich es bald bemerkt und so musste nur eine Naht aufgetrennt werden. Schließlich war dann auch die letzte Bahn fertig.

Nun kam der große Augenblick: Alle Bahnen wurden oben vorsichtig mit Stecknadeln an der Wand befestigt,

um einen ersten Eindruck vom Gesamtbild zu bekommen.

Natürlich stört der weiße Hintergrund und die Beleuchtung ist völlig unzureichend, aber die Gliederung kann man gut erkennen.

Provisorisch mit farbigem Soff hinterlegt treten die Einzelheiten schon viel besser hervor.

Die breiteste Bahn ist in der Mitte angeordnet. Um die Bereiche links und rechts davon gleich groß zu halten, mussten fünf schmalere Bahnen auf der einen und vier breitere auf der anderen Seite angeordnet werden. Noch lassen die fehlenden Längsstreifen die rechte Seite weniger untergliedert erscheinen.

Um einen besseren optischen Eindruck des endgültigen Gesamtbildes zu bekommen, wurden per Bildbearbeitung zuerst Längsstreifen

und dann noch ein umlaufender Rand eingezeichnet.

Das verändert den Eindruck enorm. (Die etwas schief aussehenden Unterteilungen entstehen, weil die Bahnen noch nicht miteinander verbunden sind, nur oben befestigt wurden und sich nach unten hin leicht drehen.)

Ich habe versucht, alle 92 Stickereien lückenlos in dem Rechteck unterzubringen. Das ist gelungen.

Ich habe versucht, die horizontalen Unterteilungen der einzelnen Bahnen entweder auf einer Linie verlaufen zu lassen oder mit einem deutlichen Versprung zu versehen. Große und kleine Stickereien sollten ausgewogen verteilt werden, ebenso die unterschiedlichen Farbnuancen und die Motive. Nicht immer konnten all diese Ansprüche gleichzeitig berücksichtigt werden.

Noch einmal wird die Anordnung der einzelnen Bahnen untereinander überprüft: Das Bild gedruckt und in Streifen zerschnitten machte den Eindruck einer veränderten Reihenfolge möglich. Ergebnis: die Einteilung bleibt, wie sie ist!

Um zu testen, ob sich die einzelnen Bahnen wegen der unterschiedlichen Stoffe durch ihr Eigengewicht strecken, habe ich am unteren Ende jeder Bahn an der Wand eine kleine Markierung angebracht. Nach mehreren Tagen konnte ich feststellen, dass sich keine der Bahnen auch nur minimal ausgedehnt hatte.

Unbesorgt kann ich nun also die Bahnenverbindungen nähen.

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