Die Region der Schwalm war bäuerlich und protestantisch geprägt. Dieser historische Hintergrund hat die Symbolik der verwendeten Motive beeinflusst. Aber auch wenn die Motive bestimmte Werte versinnbildlichten, war der Symbolismus nebensächlich. Motive wurden und werden auch heute hauptsächlich aus ästhetischen und gestalterischen Gründen gewählt.

Das Hauptmotiv in der Schwälmer Stickerei ist das Herz – der Sitz des Lebens und das Symbol für Liebe –, ursprünglich wohl als Vase/Behältnis gestickt, aus dem der Lebensbaum mit Lebenswasser gespeist wurde. (Der Dreispross stand für die Dreifaltigkeit (Trinität), der Lebensbaum für langes Leben und die Ewigkeit.)

Manchmal wurde das Herz als Ausgangspunkt für Dreispross oder Lebensbaum durch Körbe

oder durch Blumentöpfe ersetzt.

Das Herz ist dicht gefolgt vom Motiv der Tulpe – dem Symbol für Reichtum und Wohlstand. Man sah die Tulpe auch als Abwandlung des Lebensbaumes und die drei Zacken aufweisende Tulpe als Symbol der Dreieinigkeit Gottes.

Wichtig waren auch die Sonnen (Kreise; ohne Anfang und Ende Symbol für Vollkommenheit und Unendlichkeit)) – Quelle des Lichts und lebensspendendes Symbol, Symbol für Christus;

als Sonnenblumen Symbol für ein langes Leben.

Die Vogeldarstellungen zeigen – so ist überliefert – die Sperlinge als Symbol für Fruchtbarkeit.

Spiralen sind Sinnbilder für den Zyklus eines Menschenlebens, für Wandel und Veränderung.

Blätter stehen als Symbol für Wachstum und Leben.

Der Granatapfel – Symbol für Fruchtbarkeit und lebensspendende Kraft/göttlichen Segen – war als Motiv in der frühen Schwälmer Weißstickerei sehr beliebt. In der späteren Schwälmer Weißstickerei nutzte man sehr einfache/abstrakte/schnörkellose Motivflächen, um die dann modern gewordenen Flächenfüllmuster gut integrieren zu können. Dazu war das Grantapfelmotiv eher ungeeignet. Es gibt aber auch in dieser Sticktechnik vereinzelt Granatapfeldarstellungen.

Auch der Stern – Symbol für Boten Gottes – ist wegen seiner für das Füllen mit Mustern ungeeigneten Form nur selten als Musterfläche zu finden. Sterne werden aber gern als figürliche Flächenfüllmuster gestickt.

Ebenso die Nelke – ursprünglich die Gewürznelke als Kreuznagel symbolisiert Christusbezug. Sie war in der frühen Schwälmer Weißstickerei beliebt, wurde später aber wegen ihrer schwierigeren Darstellbarkeit fast ausschließlich als figürliches Flächenfüllmuster verwendet.

Die Krone war als Hoheitssymbol für die private Stickerei tabu und durfte nicht verwendet werden. Die Schwälmerinnen schufen sich aber ihre ganz eigenen Kronen, die sie als Familienzeichen verstanden, in beeindruckender Formenvielfalt, höchster Kreativität und einem ausgeprägten Gespür für Ästhetik.

1 Kommentar
  1. wunderschön, danke für die Erklärungen..das fasziniert mich. Herzliche Grüße Wiebke

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