Schwälmer Brauch – Pfingstmännchen und Pfingstbügel

Der Schwälmer Pfingstbrauch ist ein Heischebrauch (heischen ist ein veraltetes Wort für einfordern, verlangen). Kinder bitten um Gaben, während sie durch die Ortschaft von Haus zu Haus ziehen.

Der Ablauf wird von Dorf zu Dorf leicht variiert und änderte sich auch im Laufe der Jahrzehnte geringfügig. Im Kern ist er jedoch gleich geblieben.

Die Jungen eines Dorfes ziehen am Pfingstmontag in den Wald. Dort wird einer von ihnen mit frischgrünen Zweigen, Gras und Moos eingebunden zum sogenannten Pfingstmännchen.

Der ganze Körper wurde in Zweige und Grün eingehüllt. Kaum eine Stelle blieb unbedeckt. Nur durch kleine Sehschlitze konnte man aus der Hülle schauen.

Die Bewegungen mit der engen, dicken Hülle waren etwas schwerfällig, aber alle hatten Spaß dabei.

Es war eine besondere Ehre, Pfingstmännchen sein zu dürfen.

Die Mädchen des Dorfes bringen ihre schönsten Seidenbänder zur Näherin, die damit kunstvoll den Pfingstbügel schmückt. Der Pfingstbügel ist ein halbkreisförmiger Schild, oben an einem Mittelstab

oder auch an zwei seitlichen Stäben zum Tragen befestigt. Oft wurden die später sichtbaren unteren Enden der Stäbe mit Schnitzereien verziert oder mit Bändern umwickelt.

Eine Seite des Schildes wird mit roten Bändern geschmückt,

die andere Seite mit grünen Bändern.

Oft ziert ein diagonal angeordnetes Kreuz aus zwei Bändern die Oberfläche zusätzlich. An der oberen Spitze des Bügels wird ein Blumensträußchen angebracht.

Die Mädchen ziehen mit ihrer stolzen Festtagstracht bekleidet und mit kleinen Schwälmer Körbchen bestückt in den Wald, um die Jungen abzuholen.

Die Pfingstbügelträgerin führt den Zug an. Es ist eine besondere Ehre, den Pfingstbügel tragen zu dürfen. Beim Auszug aus dem Dorf wird die rote Seite des Pfingstbügels nach vorn getragen.

Gemeinsam mit dem Pfingstmännchen ziehen die Kinder zurück zum Dorf. Diesmal wird die grüne Seite des Pfingstbügels nach vorn gehalten. Sie symbolisiert das Erwachen und Ergrünen der Natur.

Die unten zu sehende Aufnahme des Fotografen Dr. Andreas Scheller stammt aus den 1940er Jahren.

Zurück im Dorf führte der Weg der Kinder mit dem Pfingstmännchen von Haus zu Haus, um kleine Spenden einzusammeln. Überliefert ist der Empfang von Eiern, Speck, Süßigkeiten und Münzen. Der typische Spruch „Gelle, gelle blanke Mutter, schau die vielen Kinder an, woll´n all ernähret sein. Gib uns Eier, gib uns Speck, schneid ihn von der Seite weg, kratze mit den Nägeln dran, sag der Kitz Katz Kater hätt´s getan“ wird aufgesagt oder es werden bekannte Volkslieder gesungen.

Nach Beendigung des Umzuges wird das Pfingstmännnchen unter dem Beifall der Kinder entlaubt. Die eingesammelten Eier werden zu einem Rieseneierkuchen verbacken. Von dem Geld wird Limonade gekauft. Damit halten die Kinder ein gemeinsames Mahl ab.