In der Schwalm wurde Leinen handgewebt. Die vorhandenen Webstühle waren in der Regel nicht sehr groß. So war Leinen mit einer Breite von 70 – 80 cm gebräuchlich. (Nur wenige größere Webstühle ließen das Weben breiterer Stoffbahnen zu. Deshalb ist es heutzutage sehr schwierig, handgewebtes Leinen zu finden, das breiter ist als 80 cm.)

Um größere Stücke zu erhalten, mussten die schmalen Bahnen zusammengesetzt werden. Für den Erhalt einer festen Verbindung arbeitete man überwendliche Stiche. Eine elastische Verbindung erzielte man entweder mit geschlungenen Kreuznahtstichen oder kreuznahtartigen Flechtstichen.

Der folgende Beitrag beschäftigt sich mit den Möglichkeiten einer festen Verbindung von Stoffbahnen mit Webkanten.

Da es vorkommen kann, dass zwei Leinenstücke gleicher Länge und vom selben Leinenballen stammend, unterschiedlich einlaufen, muss das Leinen vor der Weiterverarbeitung zuerst gekocht werden. So kann man spätere Wellenbildung an den Nahtstellen vermeiden.

Danach muss das Leinen gebügelt werden. Hierbei sollte man Ziehen und Dehnen vermeiden.

Der einfachste Weg, zwei Stücke miteinander zu verbinden, ist das Zusammennähen mit kurzen, überwendlichen Stichen von Hand. Das erste Beispiel veranschaulicht diese Methode angewandt auf grobem Leinen – die obere Naht zeigt die Vorderseite, die untere die Rückseite.


Das zweite Beispiel wurde auf feinerem Leinen gearbeitet – die obere Naht zeigt die Vorderseite, die untere die Rückseite. Das Teil stammt aus dem Jahr 1866 – die Naht ist auch nach mehr als 150 Jahren noch intakt.


Diese Methode wurde meist angewandt, um breite Stücke für Bettüberwürfe, Bettlaken und Schürzen zu erhalten. Zur weiteren Verzierung von Schürzennähten wurden manchmal „Schlängchen“ über die Naht gestickt,


wie aus derVergrößerung deutlich ersichtlich ist.


Bei zeitgenössischen Stücken wird diese Methode nicht mehr oft angewandt. Ich habe nur ein Beispiel dafür auf einer aufwändig bestickten Tafeldecke gefunden.


Hier wurden die Naht durch einen langen, durchgehenden Knötchenstichstiel und die Webkanten mit Blättern und Spiralen überdeckt.


Heutzutage verwendet man meist Doppelnähte, um größere Leinenstücke zu erhalten. Dazu wird jeweils ein Faden entlang der Webkanten ausgezogen. Die Webkanten werden übereinander gelegt und mit Hohlsaumstichen auf beiden Seiten befestigt. Solch eine Naht kann bleiben, wie sie ist – ohne weitere Dekoration.


Sie kann mit Hexenstichen überdeckt


und mit zusätzlichen Kästchenstichen verziert werden.


Auch kann ein Stopfhohlsaum auf einer Seite gestickt werden.


Es ist möglich, Stopfholsäume auf beiden Seiten der Naht zu arbeiten,


aber es ist schwierig, die Fäden auf beiden Seiten in gleich breite Bündel zu teilen. Allerdings nur so kann man die Muster auf beiden Seiten übereinstimmend sticken.


Wenn man jedoch aufwändige und sehr sorgfältige Arbeit nicht scheut, kann man wunderschöne Verzierungen entlang der Nahtstellen erzielen.


In diesem Beispiel wurde die Webkanten-Fläche zusätzlich mit Hexenstichen überdeckt.


Schmale Leinenbahnen mittels dieser Methode zusammenzufügen, gestattet große Stücke mit prächtiger Wirkung erzielen.


In diesem Beispiel wurden nur drei einzelne Stücke miteinander verbunden. Die zusätzliche Dekoration durch Stopfhohlsäume wurde so angelegt, dass sie sich den Nahtstellen anpasst, ohne aber eine Naht zu haben.

2 Kommentare
  1. Liebe Frau Happel,

    wieder ein sehr schöner Beitrag der Lust macht das Ein oder Andere nach zu sticken. In einigen der Beispiele sind runde Ornamente die vollständig ausgeschnitten und dann wieder gefüllt wurden zu sehen. Vielleicht können Sie hierzu auch einmal eine Anleitung mit Beispielen erstellen.

    Viele Grüße
    Sylvia Sellmaier

    • Liebe Frau Sellmaier,
      vor Jahren hatte ich schon mal begonnen, die Nadelspitzen-Füllmuster der Schwälmer Weißstickerei zu erklären. Damals kam ein Anna-Heft auf den Markt mit ähnlichem Inhalt. Daher habe ich dieses Thema nicht weiter verfolgt. Es steht aber noch auf meiner Liste abzuarbeitender Inhalte; nur wird es noch eine Weile dauern, bis ich Zeit dazu bekommen. Die Wunschliste meiner Blogleser ist inzwischen schon lang und die Erfüllung der Wünsche braucht Zeit.

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