Auch Männer können hervorragend sticken – das war nicht neu für mich. Nun wurde dieses Wissen aber durch einen Besuch von Fritz Bierwirth untermauert. Er stickt täglich bis zu 5 Stunden. Und das vom Feinsten. Einige seiner Werke hatte er dabei. Diese durfte ich fotografieren, um sie jetzt mit Ihnen zu teilen.
Aber der Reihe nach: Geboren in 1940 entdeckte er schon in den Kinderjahren seine Leidenschaft für Handarbeiten. Mit Stricken und Häkeln verbrachte er einen Großteil seiner Freizeit. Beruflich fuhr er acht Jahre lang Busse durch viele Länder Europas, bevor er dann bis 1998 Straßenbahnen in Kassel steuerte.
Nach Feierabend griff er regelmäßig zur Sticknadel. Anfangs schämte er sich für seine Leidenschaft und ließ alle Handarbeitsutensilien verschwinden, sobald sich ein Besucher ankündigte.

Über die Gobelinstickerei kam er zur Hardanger Technik.

Doch seit er vor etwa 30 Jahren eine Ausstellung der Schwälmer Weißstickerei im Museum in Ziegenhain besucht hatte, fesselte ihn diese Technik, in die er sich selbst einarbeitete.

Vom ersten Augenblick an war er von der Schwälmer Weißstickerei fasziniert, die Begeisterung hat ihn bis zum heutigen Tag nicht losgelassen.

Oft stickt er ganz traditionell in weiß,

manchmal verwendet er dezente Farben.

Für ein paar Jahre musste er seine Tätigkeit unterbrechen. Die Sehkraft ließ nach und die Pflege seiner demenzkranken Frau forderte seine ganze Aufmerksamkeit. Nach deren Tod und einer erfolgreichen Augenoperation greift er wieder gern zur Sticknadel. Mehrere Stunden am Tag beschäftigt ihn sein Hobby. Langeweile kommt bei ihm nie auf.

Neben den traditionellen Konturen arbeitet er auch gern lichte Musterborten, in die er die Motive mit Stopfstichen einstickt.

Bereits 2002 bestickte er ein Taufkleid aus feinstem Leinen sehr aufwändig. Dieses ist im Ausstellungskatalog 2004 abgebildet.
Inzwischen kann er auf eine große Anzahl meist aufwändiger Stickereien zurückblicken.

Auf Wunsch der Tochter fertigt er auch außergewöhnliche Stücke wie den großen Hasen (Bild ganz oben) oder den dem asymmetrischen Tisch angepassten Tischläufer.

Gegenwärtig hat er ein Deckchen in Arbeit, das er passend zur Einrichtung in Grüntönen bestickt. Nachdem viele Garnstärken des Vierfachstickgarns nicht mehr zu bekommen waren, hat er für sich Sticktwist als Garn für die Schwälmer Weißstickerei entdeckt. Mit den sechs Einzelfädchen des Twists kann er sich jede gewünschte Stärke zusammenstellen. Er verwendet gern 1-fädigen Twist für die Grundstiche. So bleiben die Löcher des Gitters größer und die Muster kommen besser zur Geltung. Mehrere Einzelfädchen dreht er vor dem Sticken zusammen. So behalten alle die gleiche Spannung und es bilden sich keine Schlaufen.

3 Kommentare
  1. Wunderbar,schade dass man nicht mehr über stickende Männer hört.Ich habe festgestellt,dass bei Ausstellungen viele Männer sehr interessiert sind besonders über die Technik der Arbeiten.Sehrschön die einzelnen Objekte!!

  2. Really lovely work.

  3. Grand Bravo Monsieur….Broderie magnifique..

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