Seit einigen Jahren stehe ich in Kontakt zu Waltraud und Helmut Kater aus Wagga Wagga in Australien. Waltraud ist eine begabte Quilterin und eine hochtalentierte Stickerin. Die Begeisterung für Ihre Hobbys lässt ihr wenig Zeit für Internetaktivitäten, und so pflegt Helmut den Kontakt und versorgt mich hin und wieder mit wissenswerten Neuigkeiten.
Den ersten kleinen Eindruck von Waltrauds Kunstfertigkeit bekam ich durch ein paar Fotos ihres in Arbeit befindlichen Meisterwerkes. Waltraud will einen Bettüberwurf fertigen. Sie bestickt ihn über und über mit den unterschiedlichsten Mustern in weiß und zarten Pastelltönen. Später soll das Teil gequiltet werden.
Eigentlich beschäftige ich mich ja mit der Schwalm – der Schwälmer Tracht, der Schwälmer Weißstickerei und allem, was damit in Zusammenhang steht. Doch die individuelle Gestaltung von textilem Grundmaterial mit den unterschiedlichsten Stickstichen und Flächenfüllmustern stellt die Verbindung zwischen verschiedenen Sticktechniken her. Waltraud´s gestickter Quilt ist so einzigartig, so gelungen und so schön, dass ich ihn hier zeigen muss. Und vielleicht kann man ja auch die eine oder andere Idee oder Anregung für die Weißstickerei daraus mitnehmen.
Der Quilt soll als Überwurf für Anneliese´s Bett dienen. Daher erklären sich die Ausmaße von 2,2 m x 2,4 m. Waltraud besorgte weißgrundigen Stoff mit zartlila Wolken und einige Vorlagenbücher, aus denen sich die Enkelin einzelne Segmente heraussuchte. Diese Motive übertrug Waltraud auf Transparentpapier und kombinierte sie mit anderen Einzelmotiven. Sie schob hin und her und kombinierte immer wieder anders, bis die Motivgruppen ihren Vorstellungen entsprachen.
Gern wählte Waltraud auch Vorlagen aus dem Mal-, Zeichen- und Ausfüllbuch „Mein verzauberter Garten“ von Johanna Basford, wie z.B. den mittleren Ausschnitt des Motivs mit dem Brunnen.
Die nächste Hürde – das gekonnte Verteilen der Motive in der Fläche – war schnell und unproblematisch genommen. Die Motive waren mit feinem Stift auf Baumwollstoff aufgezeichnet.
Eine gute Linienzeichnung zu haben, ist eine Sache, doch diese Linien ohne Vorlage in Stickerei umzusetzen, ist eine andere Sache.
Welche Garne sagen einem zu? Welche Farben wählt man insgesamt? Welche Bereiche gestaltet man mit den gewählten Farben eher heller oder doch lieber dunkler? Welche Garnstärken verwendet man? Mit welchen Stichen führt man die einzelnen Segmente aus? Welche Flächen werden vollständig ausgefüllt, welche Flächen werden mit einigen Zierstichen geschmückt, welche Flächen werden nur durch Umrisse gekennzeichnet? Bei all diesen Fragen ist die Stickerin auf sich allein gestellt und muss diese Herausforderungen mit Weitsicht, Talent, Einfühlungsvermögen und Wagemut meistern.
Als Waltraud und Helmut im Mai 2015 die alte Heimat bereisten (sie sind vor einigen Jahren nach Australien ausgewandert, um ihren Kindern zu folgen), machten sie auch einen Abstecher nach Eschwege. Damals durfte ich die ersten Stiche der gerade begonnenen Stickerei betrachten.
Zu dieser Zeit konnte ich mir das fertige Ergebnis beim besten Willen nicht vorstellen. Waltraud hat fast täglich stundenlang gestickt und gequiltet, und so ist jetzt – nach nur gut 18 Monaten – aus einer kleinen Stickerei ein riesiges, wunderschönes Kunstwerk geworden.
Und nicht nur die Stickerei an sich ist perfekt, auch die Quiltmuster sind einzigartig: die Blätter, die von den Bäumen fallen, die Steine am Brunnen oder an der Gartenlaube, die Spiralen, die die Schwünge der Stickerei aufgreifen – der gesamte Quilteindruck ist überwältigend schön! Man kann kaum Worte finden für das herrliche Unikat, das Waltraud damit geschaffen hat.
Zum Quilten verwendete sie Baumwollgarne und Muster verschiedener Vorlagen. Die Zusammenstellung der Vorlagenmuster und ganz viele Feinheiten hat sie sich selbst ausgedacht.
Welch erhabene Wirkung das Quilten der Stickerei verleiht, sieht man auf den folgenden Bildern:
Das obere Bild zeigt einen Ausschnitt der Arbeit nach beendeter Stickerei, das Bild unten zeigt den gleichen Ausschnitt fertig gequiltet.
Noch besser sieht man den Unterschied auf den Bildern mit der Gartenlaube:
Reliefartig treten die gestickten und gequilteten Partien hervor.
Zum Sticken benutzte Waltraud Garne in mehr als 70 Farben. Um der Leichtigkeit mancher Objekte, wie Libellen oder Schmetterlingen, schon durch das Material Ausdruck zu geben, verwendete sie für Spinnen und alle fliegenden Objekte Seidengarne der Stärke 50. Für alle übrigen Stickereien wählte sie handgefärbte Perlgarne der Stärke 12 und einfarbige Perlgarne der Stärke 16.
Darunter waren auch Farbverlaufsgarne, mit denen sie unter anderem die Blätter effektvoll gestaltete,
wie die Detailfotos aus einer Baumkrone eindrucksvoll zeigen.
Das Gesamtbild ist dezent und dennoch ausdrucksstark – eine Gratwanderung, die nur eine absolute Stickmeisterin beherrscht!
Leider kann ein solch großes Teil in einem Blogbeitrag nur unzureichend bebildert werden.
Man müsste es im Original sehen können.
Ein einmaliger Quilt ist hier entstanden, an dem die Enkelin immer und immer wieder neue Details entdecken kann. (Übrigens, der Quilt kann im Schongang der Waschmaschine gewaschen werden, wenn es unbedingt erforderlich sein sollte. Getrocknet wird er glatt liegend mit der Stickerei nach unten.)
Entdecken auch Sie immer mehr der herrlichen Details beim Betrachten der folgenden Bilder.
Die Blumenranke über dem Gartentor,
das Gartentor mit Teilen des Zaunes,
das Haus mit dem Plattenweg,
oder das Eckteil –
aus all den liebevoll und aufwändig gestalteten Details kann man die Freude an der Arbeit spüren und die Kunstfertigkeit in der Gestaltung sehen.
Leider hat die gestickte Kunst in der Welt noch nicht den Stellenwert, der ihr gebührt. Waltraud ist eine wahre Stickkünstlerin und wird mit Ihrer Arbeit ein wenig dazu beitragen, dass diese Kunst mehr in den Focus rückt und besser gewürdigt wird.
Möge Waltrauds Kraft noch lange ausreichen, um andere große Kunstwerke (vom Format her können sie auch kleiner sein) entstehen zu lassen. Vielleicht dürfen wir ja eines Tages auch einen Blick auf ihr vollendetes Meisterwerk in Weiß werfen. Wir würden uns freuen!
Wenn Sie Fragen haben oder sich an Waltraud und Helmut wenden möchten, können Sie das gern per Email tun kater.h@westnet.com.au .
Thanks for sharing Luzine.
A great artist indeed The piece is so beautiful and exquisite A beauty and a treasure for her grandchild.
Thank you Luzine for showing the embroidery community Waltraud’s beautiful work. We know her as Val here in Australia I am actually her teacher and heavens what an amazing talent Waltraud has, she hardly knew what a stem stitch was when she first started my class. Waltraud was like a duck to water and each week she would tackle any stitch that was shown to her, and honestly I dug up stitches from all over the world. Each week we could see Waltraud’s work coming to life and developing into beautiful pieces of art, her grand children are indeed very lucky to be the recipients of them. Congratulations Val I am so pleased, happy and proud for you. Wait until you get see the king size quilt.
Thank you, Judy, for this comment.
It gives a better insight in the artist´s work and shows me once more, how talented VAL is.
Wow, what a fantastic quilt, such a treasure!
I like the idea of getting inspiration from colouring books 🙂
xx
Hello Radka,
Yes, it is a fantastic treasure. I saw on your website, that you do patchwork combined with embroidery and sometimes also quilting. So you are an insider knowing of the elaborateness and artistry of this piece. Do you know a website, showing whitework combined with quilting?