In dem Beitrag Die mühsame Arbeit von Designerinnen wurde die Entstehung von Schwälmer Konturenmustern bereits beschrieben.

Es gibt einige Möglichkeiten, solche Muster auf Leinen zu übertragen, wie das direkte Aufzeichnen mittels nicht-permanenter Stifte nebst einer Lichtquelle, das Durchpausen mittels Durchschreibepapier oder das Aufbügeln mittels eines Bügelmusterstiftes. Eine weitere Möglichkeit ist die Übertragung mittels einer Schablone und pulverisierter Farbe. Die dazu nötige, sehr aufwändige Vorarbeit lohnt sich, wenn das Muster vervielfältigt werden soll.

Hier wird nun über die Schritte vom Muster auf Papier zum aufgedruckten Design auf Leinen berichtet.

Die Reinzeichnung des Musters erfolgt auf dünnem Transparentpapier mit einer Grammatur von 35/40. Spezielles transparentes 90 g Architektenpapier dient als Träger für die entstehende Schablone.

Die Reinzeichnung wird auf eine feste, aber nicht ganz starre Unterlage (z.B. Schreibtischunterlage) gelegt. Ist das Muster nicht achsensymmetrisch, muss die Zeichnung mit der Rückseite nach oben platziert werden. Über die Zeichnung wird das Architektenpapier gelegt und gegen Verrutschen gesichert.

Mit einer spitzen, sehr dünnen Nadel wird nun mit ruhiger Hand sehr dicht Loch neben Loch auf den Linien entlang gestochen. Bis zu 15 Einstiche pro Zentimeter sind nötig, um am Ende gleichmäßige Linien zu erzielen. Ist die Nadel zu dick, würden die Ränder des Trägerpapiers ausfransen und die Zwischenräume der Löcher könnten aufreißen.

Bei größeren Mustern muss man zwischendurch immer mal wieder Pausen einlegen, um Augen und Hände nicht zu überanstrengen.

Das Lochen der Folie mit der Nähmaschine ist nicht ratsam. Die Nähmaschinennadeln sind meist zu dick, größeres Papier würde verknicken.

Ist die Schablone dann fertig (hier gezeigt nach mehrmaliger Benutzung), kann das Leinen vorbereitet werden. Es wird in der gewünschten Größe zugeschnitten. Für einige Muster müssen mit farbigem Nähgarn Fäden zur Markierung eingezogen werden, um das Muster ganz exakt setzen zu können. Bei anderen Mustern genügen kleine Bleistiftmarkierungen.

Eine große Tischplatte wird mit zwei Lagen glatt gebügelter Betttücher ausgestattet. Diese nehmen nach kurzer Zeit viel von der blauen Farbe auf. Schwere Gewichte – hier Marmorblöcke – werden bereit gelegt.

Das Leinen wird auf dem Tisch ausgebreitet, ausgerichtet und glatt gestrichen.

Die Schablone wird – mit der Rückseite nach oben – passgenau auf das vorbereitete Leinen gelegt und mit den Gewichten gegen Verrutschen gesichert. Deutlich kann man hier die hochstehenden Ränder der Stanzlöcher erkennen.

Ein mineralisches Pulver, dessen Zusammensetzung ich nicht genau kenne, befindet sich in einem flachen Behälter. (Das Pulver enthält auf alle Fälle Talkum und mineralisches, nicht chemisches Wäscheblau.)

Ein Stempel mit einer dicken Filzschicht wird in das Pulver getaucht. Überschüssiges Pulver wird abgeschüttelt.

Unter leichtem Druck wird der Stempel über die Linien bewegt. Da man das Ergebnis nicht zwischendurch prüfen kann, bedarf es einiger Erfahrung zu wissen, wie oft man über die Linien reiben muss.

Die Schablone wird vorsichtig abgenommen, überschüssiges Pulver wird in den Behälter zurück geschüttet.

Das feine Pulver, das durch die Stanzlöcher gedrückt wurde, liegt jetzt linienförmig auf dem Leinen.

Diese Pulverlinien werden mit Spiritus übersprüht, um sie zu fixieren. Bis es trocken ist, bleibt das Leinenstück an seinem Platz liegen.

Aus den dicht gelochten Linien der Schablone sind feine, ebenmäßige und lange haltbare Konturenlinien entstanden, nach denen man gut sticken kann.

Leider hat sich die Zusammensetzung des Farbpulvers geändert, sodass die Linien in letzter Zeit nur mit Mühe auszuwaschen waren. Wenn eine andere Rezeptur gefunden würde, könnte man auf den riesigen vorhandenen Schatz an Schablonen zurückgreifen. Schablonen, die in Jahrzehnten in mühevoller Arbeit entstanden sind – große und kleine, dicht besetzte und lockere Muster, strenge oder eher verspielte Anordnungen – für jeden Nutzen und jeden Geschmack ist etwas zu finden.

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