Schwälmer Weißstickerei und Blau (2)

Passend zu Stickereien, die auf blau gestreiftem Leinen gearbeitet wurden, wurden auch weitere Stücke gestickt, dann aber oftmals auf weißem Leinen.
Ein Besonders schönes Beispiel ist das Pendant zu dem Tischläufer von 1993.

Christa Waldmann hat einen Stammbaum als Wandbehang gestickt und das gleiche blaue Leinengarn für die Umrandungsstiche und die Zwischenraum-Muster verwendet.

Unterschiedliche Durchbruchmuster

sowie sehr abwechslungsreiche und

phantasievolle aufliegende Muster, die der frühen Schwälmer Weißstickerei entstammen, wurden in die Motive gearbeitet.

Der Name der Stickerin findet sich in den Motiven.

Die Jahreszahl der Entstehung wurde am unteren Ende platziert – mit den einzelnen Ziffern getrennt durch typische kleine Schwälmer Kreuzstichelemente.

Ein 4-stufiger Stopfhohlsaum bildet den Randabschluss.

Schwälmer Weißstickerei und Blau (1)

In der Schwalm wurde früher neben weißem Leinen auch Leinen mit unterschiedlichen blauen Streifen von Hand gewebt. Je nach Feinheit diente es als Sackleinen oder Wagentuch. Die Restbestände des feineren Leinens werden heutzutage auch gern für Stickereien verwendet.

Diese werden dann entweder mit weißem Garn

oder mit Weiß für die Füllmuster und einem passenden Blauton – für die Umrandungsstiche und die Zwischenraum-Muster – ausgeführt.

Wenn das Leinen fein genug gewebt ist, werden Durchbruchmuster in die Motive gearbeitet.

Etwas groberes Leinen bestickt man gern mit aufliegenden Mustern, die der frühen Schwälmer Weißstickerei entstammen.

So bietet sich eine weitere, interessante Variante der Schwälmer Weißstickerei.

Ein Design für viele unterschiedliche Flächenfüllmuster

Ann Kennon aus Australien gehört der Gilde der Stickerinnen in New South Wales an. Sie sandte mir ein Foto ihrer kürzlich fertig gestellten wunderschönen Arbeit. Ich erhielt die Erlaubnis, ihre Stickerei auf meinem Blog vorzustellen, denn ich glaube, auch Sie werden beeindruckt sein von der Auswahl der Flächenfüllmuster und deren Zuordnung zu den unterschiedlichen Flächen. Die Verteilung von dichteren und lichteren Mustern erfolgte sehr ausgeglichen und hat das Projekt zu einem Meisterwerk werden lassen.

Sie schrieb:

„Im März letzten Jahres bestellte und erhielt ich von Ihnen Leinen mit einem Musteraufdruck – einen „Kranz“ aus Blättern. In jedes Blatt ein anderes Füllmuster zu sticken, war eine Herausforderung, der ich mich stellen wollte. Das bedeutete natürlich, dass ich 38 verschiedene Muster finden musste. Meine Bücher lieferten einige, aber die Füllmuster in Ihrem Blog und in dem Röserich-Buch, das ich bei Ihnen gekauft habe, waren von unschätzbarem Wert und machen fast die Hälfte der Muster aus, die ich verwendet habe.“

Finden Sie die auf meine Blog veröffentlichten Muster heraus?

Auf den Fotos sind keinerlei Spuren der blauen Konturenlinien zu sehen. Danach gefragt, wie sie die Farbe ausgewaschen hat, antwortete Ann:

„Ich fand es schwierig, das vorgedruckte Design zu entfernen. Zuerst habe ich, wie Sie es in Ihrem Blog empfohlen hatten, mit einer angemessenen Menge des von Ihnen gesendeten Waschpulvers, die Stickerei 2 Tage lang eingeweicht. Dies hatte keinerlei Einfluss auf den Vordruck. So versuchte ich es mit mehr Waschpulver und weichte den Stoff erneut zwei Tage lang ein – mit fast demselben enttäuschenden Ergebnis. Nachdem diese Waschmittellösung aus dem Stoff ausgewaschen wurde,
legte ich das Tuch in eine Einweichlösung mit Vanish Napisan, einem Bleichmittel auf Sauerstoffbasis (kein Chlor). Nach weiteren 2 Tagen war der Vordruck heller, also habe ich die erste Lösung ausgewaschen, eine weitere angesetzt und den Stoff erneut eingeweicht. Danach gab es nur noch ein paar kleine Flecken, an denen das Blau noch zu sehen war, also habe ich die auf dem Behälter empfohlene konzentrierte Paste hergestellt.
Dies sollte nur 5 Minuten auf dem Stoff bleiben. Nach den 5 Minuten waren nur noch kleine Spuren des Blau zu sehen, also habe ich den Stoff unter fließendem Wasser gewaschen und dann in sauberem Wasser eingeweicht, um sicherzustellen, dass das gesamte Bleichmittel entfernt wurde. Die Spuren sind nicht mehr sichtbar – alles sieht weiß aus.
Es wäre vielleicht besser gewesen, es von Anfang an in das Vanish Napisan zu geben, aber ich verwende keine Bleichmittel (auch keine auf Sauerstoffbasis), wenn normales Waschen ausreicht.“

Mir ist bewusst, dass es leider schwierig ist, die vorgedruckten Konturenlinien auszuwaschen. Inzwischen habe ich viele Kontakte genutzt, um herauszufinden, ob es bessere Möglichkeiten gibt. Von französischen Stickerinnen, die andere Pulver zum Aufdrucken ihrer Muster verwenden, erfuhr ich, dass auch sie Natriumpercarbonat (= Hauptwirkstoff vieler Haushaltswaschmittel mit Bleichwirkung, die mit Begriffen wie „Aktiv-Sauerstoff“ oder der vorangestellten Bezeichnung „Oxi-“ beworben werden) nutzen, um die Farbe der Linien zu entfernen. Sie berichteten mir auch von Ihren Erfahrungen, dass das Auswaschen immer langwieriger wird, je älter die Konturenlinien sind.

Zur Zeit teste ich unterschiedliche Pulverzusammensetzungen auf ihre Haltbarkeit und auf die Auswaschbarkeit. Über das Ergebnis werde ich später berichten.

Sofakissenbezug 2

Zum Thema „Granatäpfel und Vögel“ habe ich inzwischen verschiedenste Entwürfe vorliegen. Besucherinnen meiner Ausstellung konnten bereits einige gestickte Exemplare direkt in Augenschein nehmen.

Passend zum Muster des Sofakissenbezugs 1 hat mir Frau Waldmann wunschgemäß ein zweites Muster entworfen.

Gekonnt hat sie dabei die Zweige mit den Granatapfelblütenknospen so verschlungen arrangiert, dass das Gebilde ein Nest formt, auf dem der Vogel hockt. Die reifen Granatäpfel mit den verlockenden Früchten hängen zum Anpicken nah.

Diesmal habe ich 17-fädiges handgewebtes Leinen verwendet. Auf dem sehr dichten Gewebe lassen sich die vielen Plattstiche besonders gut sticken. Das Muster wurde mittels Bügelmusterstift übertragen.

Die dickeren Stiele wurden mit Plattstichen, die zunächst in breite und dann in einfache Stielstiche übergingen, gestickt. Die Motive wurden mit Stielstichen umgeben.

Nur die Motivflächen des Vogels wurden mit umwickelten Kettenstichen nachgezeichnet.

Das Federkleid wurde mit Schlingstichen nachempfunden.

Das Auge wurde mit umwickelten Steppstichen umrandet

und die Pupille mit Plattstichen gefüllt. Auch der Schnabel wurde durch Plattstiche dargestellt.

Die etwas größeren Blättchen wurden als geteilte Blätter gestaltet.

Die Granatapfelblütenknospen erhielten zunächst eine Schnürlochmitte und dann – von außen nach innen arbeitend – eine Plattstichfüllung mittels 2-fädigem Sticktwist.

Im Anschluss daran wurde das Geflecht der Zweige mit Knötchenstichen ausgearbeitet.

Die großen Blätter erhielten unterschiedliche Füllmuster.

Die Granatapfelflächen wurden mit Marburger Grundstichen gefüllt. Die großen Granatäpfel erhielten zusätzlich einen Rand mit Schlängchenmuster.

Der Vogelkopf wurde mit Bouillonstichen und Bouillonknoten, der Vogelrücken wurde mit dem Limetrosenmuster Netzpatent verziert.

Der Vogelbauch erhielt eine Füllung aus Mückenstichen und die Schwanzfeder das Limetrosenmuster Federkleid. Die übrigen Federn wurden mit Flügelstichen bestickt.

Durch den Wechsel zwischen markanten und wenig auffälligen Füllmustern konnte der Entwurf sticktechnisch gut dargestellt werden.

Man kann aber nach Belieben auch ganz andere Füllmuster verwenden, die die Wirkung leicht verändern.

Beide Kissenmuster können Sie als pdf Dateien (Ausdruck: DIN A 3) zum Preis von je 8,00 € bei mir erwerben.

Sofakissenbezug 1 (B)

Nachdem das Leinen zugeschnitten und die Konturenlinien auf den Stoff übertragen wurden, kann die Stickarbeit beginnen. Bei meinem ersten Versuch des Designtransfers mittels Blaupapier war ich zu zaghaft. Die Linien sind nicht sehr markant. Daher werden die in der exakten Ausführung besonders wichtigen Partien wie die Vogelköpfe und -beine sicherheitshalber sehr früh gestickt, wenn die Konturenlinien noch klar und deutlich zu sehen sind und die Stickerei ganz exakt ausgeführt werden kann.

Die Linien der Vogelköpfe werden mit umwickelten Kettenstichen (Vierfachstickgarn Nr. 20) nachgezeichnet. Diese Stiche haben einen ähnlichen Effekt wie die Knötchenstiche, sind aber etwas auftragender. Hier ist es wichtig, dass man zuerst die Kettenstiche stickt – die Umwicklungen können auch später erfolgen.

Schnabel, Vogelbeine und -augen, kleine Blättchen und die Blütenansätze der Granatäpfel werden mit Plattstichen bestickt. Wahlweise kann man dazu Vierfachstickgarn Nr. 25 oder zwei Fädchen Sticktwist verwenden. Twist hat den Vorteil, dass sich die zwei Fädchen nebeneinander legen und so die Fläche besser abdecken als ein zusammen gedrehter Faden, aber den Nachteil, dass sie sich gegeneinander verschieben und dadurch nicht immer die gleiche Fadenspannung entsteht. Um dies zu vermeiden, muss man ab und zu während des Stickens die Nadel bis zum Stoff gleiten lassen, beide Einzelfädchen vom Stoff weg in die gleiche Spannung bringen und dann die Nadel wieder in ihre Stickposition zurückschieben.

Um die dicken Stiele zum Ende hin zu verjüngen, beginnt man mit umwickelten Kettenstichen, führt die Linie dann zuerst mit breiten Stielstichen und zum Schluss mit einfachen Stielstichen weiter (Vierfachstickgarn Nr. 16).

Die dünnen Stiele können wahlweise mit Knötchenstichen oder mit einfachen Stielstichen ausgeführt werden.
Alle Flächen – bis auf die innerhalb des Gefieders – in denen Fadenauszug erfolgt, werden zunächst mit Knötchenstichen umgeben (Vierfachstickgarn Nr. 16)

Das Gefieder der Vögel wird mit unterschiedlichen Stichen dargestellt: Stielstichrhomben mit Plattstichpunkten oder Kettenstichen in der Mitte,

Plattstichbögen und Schlingstichreihen deuten die Flügel an. Die Schwanzfeder wird mit Flügelstichen ausgearbeitet.

Ein Vogelbauch wird mit Mückenstichen (einfacher Fadenauszug 3:1 und Vierfachstickgarn Nr. 25),

der andere mit Waffelstichen ausgearbeitet.

Die Mittelteile der Vogelköpfe werden mit kleinen Mückenstichen über 2 Fäden (einfacher Fadenauszug 2:1 und Vierfachstickgarn Nr. 25) bestickt.

Oberkopf und Hals werden mit Schlängchen (Vierfachstickgarn Nr. 16) verziert.

Die Mittelteile der großen Granatäpfel (Limet-Fadenauszug 3:1 und Vierfachstickgarn Nr. 25) werden mit Marburger Grundstichen bestickt, die Seitenteile mit Kettenstichen (Vierfachstickgarn Nr. 16) gefüllt. (Kettenstiche neben Knötchenstichen lassen diese immer harmonischer erscheinen.)

Die kleinen Granatäpfel und die kleinen Blattmotive erhalten einen Fadenauszug 2:1.

Sie werden mit Grundstichen oder Grundstich-verkehrt (Vierfachstickgarn Nr. 30) gefüllt.

Die großen Blattmotive erhalten einen lichten Fadenauszug 2:2 und werden mit Grundstichen (Vierfachstickgarn Nr. 30) ausgearbeitet. Mit umwickelten Kettenstichen (Vierfachstickgarn Nr. 16) kann man die Blattadern andeuten.

Die Stickerei ist fertiggestellt – die Arbeit kann gewaschen werden.

Es ist nicht zu übersehen, dass viele meiner Stiche etwas wackelig wirken. Nach der Wäsche und sorgfältigem Bügeln sehen sie viel besser aus.

Der zweite Schritt ist geschafft, das Muster ist gestickt.
Wie es weitergeht, erfahren Sie im kommenden Beitrag.