Sofakissenbezug 1 (A)

Für ein Füllkissen der Größe 40 cm x 40 cm soll ein passender Bezug entstehen. Er soll aus einem Stück (fertig 40 cm x 80 cm) gearbeitet werden. Dazu wähle ich 16-fädiges naturfarbenes und pflegeleicht ausgerüstetes Leinen der Fa. Übelhör. Nach Herstellerangaben beträgt der Einlauf bei diesem Gewebe 2,9 % im Schuss und 4,9 % in der Kette. Das wären für die gewünschte Größe ca. 2,4 cm in der Breite und ca. 2 cm in der Länge.
Für die Seitennähte beträgt die Nahtzugabe je 1 cm.
Das Kissen soll den Verschluss an der Unterkante mit einem 2 cm breiten Saum und 1 cm Saumeinschlag erhalten.
Das wären:
in der Breite 40 cm + 2,4 cm + 2 x 1 cm = 44,4 cm
in der Länge: 80 cm + 2 cm + 2 x 3 cm = 88 cm
Sicherheitshalber gebe ich noch wenige Zentimeter zu und schneide das Leinen in die Größe von 46 cm x 93 cm.

Da ich sowohl Granatapfel- als auch Vogelmotive in der Schwälmer Weißstickerei interessant finde, habe ich verschiedene Designerinnen gebeten, mir entsprechende Entwürfe zu fertigen. Der hier zum Einsatz kommende Entwurf stammt von Frau Christa Waldmann und hat eine Größe von ca. 26,5 cm (B) x 20 cm (H). Bei einem 40 cm hohen Kissen bleiben bei mittiger Musterpositionierung oben und unten je ca. 10 cm frei. Dazugerechnet werden muss der Einlauf des Gewebes (je ca. 1 cm).

Der Leinenzuschnitt wird in der Mitte der langen Seite gefaltet.
Von der Falte nach unten misst man 11 cm ab und markiert dort die obere Linie des Musters mit kurzen Vorstichen.
Auch die vertikale Mittelachse der vorderen Stoffhälfte wird mit kurzen Vorstichen markiert.

Das entfaltete Leinen wird auf einer ebenen, rutschfesten Unterlage ausgebreitet und ausgestrichen. Die markierten Linien sollen im rechten Winkel liegen. Dies kann man mit einem entsprechenden Werkzeug überprüfen.

Zur Musterübertragung will ich blaues Handdurchschreibepapier verwenden.

Die Musterfläche wird mit Blaupier abgedeckt, so dass das Muster vollständig auf das Papier passt und dass die Markierungslinien auf allen Seiten zu sehen sind.

Das Muster wird aufgelegt, an oberer Kante und Mittellinie ausgerichtet und mittels wieder ablösbarem Klebeband oder Stecknadeln gut befestigt.

Mit einem feinen Kuli oder einem speziellen Prägestift werden die Konturlinien nachgezeichnet.

Der erste Schritt ist geschafft, das Muster wurde auf das Leinen übertragen.

Wie es weitergeht, erfahren Sie im kommenden Beitrag.

Musterübertragung – Test 6

Wie bereits berichtet, bietet Joanna Jakuszewska sowohl Bügelmusterbögen als auch bereits auf Leinen aufgebügelte Muster an. Diese sind bei ihr zwar für die Richelieustickerei, aber die Technik könnte man ja auch bei der Schwälmer Weißstickerei anwenden.

Dankenswerterweise sandte mir Joanna umgehend sowohl einige Bügelmusterbögen als auch einige aufgebügelte Muster. So konnte ich mit dem Testen beginnen.

Die Muster sind auf DIN A1 Bögen aus stabilem, glatten Papier mit dünnen, dunkel grau-blauen Linien aufgedruckt.

Nach dem Aufbügeln erscheinen sie in grau.

Ziel war es, herauszufinden, ob die Linien während der Arbeit verblassen oder lange sichtbar bleiben und ob sie nach Beendigung der Stickerei gut auszuwaschen sind.

Zuerst versuchte ich, ein kleines Muster auf Leinen zu bügeln. Mit sehr heißem Eisen – aber vorerst ohne Dampf – versuchte ich es eine geraume Weile, ohne dass Linien auf dem Leinen sichtbar wurden. Dann setzte ich, wie in der Anleitung beschrieben, Dampf ein. Meine Befürchtung, dass sich das Übertragungspapier wellen würde, wurde nicht bestätigt. Das Papier blieb glatt und nach einer ganzen Weile löste sich auch die Farbe vom Papier und ging auf das Leinen über.

Für den Test stickte ich nur das Schmetterlingsmotiv – in leicht abgewandelter Form.

Die Linien blieben bis zum Abschluss der Stickarbeit sichtbar.

Die Linien dann auszuwaschen – in handwarmer Waschbrühe – hat eine ganze Weile gedauert, aber schließlich sind alle Farbspuren restlos verschwunden.

Solche Bügelmusterbögen wären also auch für die Schwälmer Weißstickerei eine Option, denn man könnte ja auch typische Schwälmer Motive auf das Papier drucken lassen. Allerdings geht das nicht mit einem handelsüblichen Drucker. Man muss die Dienste einer Spezialdruckerei in Anspruch nehmen. Leider gibt es Schwierigkeiten beim Besorgen der Druckerfarbe – sie wird in Indien hergestellt. Auch wird nur auf Großbögen und in großer Stückzahl gedruckt. Das macht bei der derzeit geringen Nachfrage einzelne Muster zu teuer. Damit ist diese Art der Musterübertragung unrealistisch.

Flächenfüllmuster Nr. 562

Kategorie: einfaches Durchbruchmuster
verwendetes Leinen: 13.5-fädig
verwendetes Garn: Vierfachstickgarn Nr. 20
angewandte Stiche: Wickelstiche
horizontale Mitte: vierfache Fadenrinne

Das Blütenmotiv mit den durchbrochenen Blättern entstammt der Schwälmer Paradekissenborte (B).

Wie man der Detailaufnahme der Originalstickerei entnehmen kann, handelt es sich um eine Art versetzter Erbslöcher, die aber keine Kästchenstiche als Grundlage haben, sondern ausschließlich aus Wickelstichen bestehen.

Ich habe unterschiedliche Möglichkeiten ausprobiert und empfehle, das Muster zu sticken wie im Folgenden beschrieben.

Man zieht in einer Richtung abwechseln jeweils 4 Gewebefäden aus und lässt 2 dazwischen stehen. Das Muster baut sich von rechts unten nach links oben auf.

Dazu umwickelt man 6 Gewebefäden der untersten breiten Fadenrinne 3-4 mal.

*Dann führt man die Nadel diagonal nach links oben unter dem horizontalen Gewebefadenpaar zur nächsten Fadenrinne und sticht zwischen dem dritten und vierten Faden des Bündels aus.

Man wiederholt den Stich einmal,

kehrt zum Ausgangspunkt zurück und führt die Nadel unter dem umwickelten Fadenbündel durch zur gegenüberliegenden Seite.

Von dort aus führt man die Nadel über das horizontale Fadenpaar diagonal nach rechts oben, sticht erneut zwischen dem dritten und vierten Faden des Bündels ein und am Ausgangspunkt wieder aus.

Erneut führt man die Nadel über das horizontale Fadenpaar diagonal nach rechts oben, sticht wiederum zwischen dem dritten und vierten Faden des Bündels ein und sticht diesmal 6 Gewebefäden nach links wieder aus.

Die auf der Nadel liegenden 6 Gewebefäden bilden das nächste Bündel. Bevor man es aber umwickeln kann, muss man die Anbindung der linken 3 Fäden an das darunter liegende Fadenpaar vornehmen.
Dazu führt man die Nadel über das Fadenpaar diagonal nach rechts unten, sticht neben dem gewickelten Bündel ein und am Ausgangspunkt wieder aus.

Auch diesen Stich wiederholt man einmal,

um dann die beider 3er Fadenbündel zusammenzuwickeln.*

Man wiederholt die Arbeitsschritte (*).

Am oberen Rand angekommen, dreht an die Arbeit um 180° und stickt die nächste Reihe neben die erste.

An den Stellen, an denen die Fadenpaare bereits umwickelt sind, kann man diese Schritte weglassen.
Manche Reihen – nicht alle – rücken dicht an die vorhergehende. Man kann die Bündel mit der Nadelspitze etwas verschieben, um gleichmäßige Abstände zu erzielen.

Auf diese Weise entsteht ein luftiges Muster, dass sich für die Füllung nicht allzu großer Flächen eignet.

Flächenfüllmuster Nr. 561

Kategorie: einfaches Durchbruchmuster
verwendetes Leinen: 13.5-fädig
verwendetes Garn: Vierfachstickgarn Nr. 20 für die Kästchenstiche und Nr. 16 für die Variante des gewickeltesn Erbslochs
angewandte Stiche: Kästchenstiche und Variante des gewickelten Erbslochs
horizontale Mitte: doppelte Fadenrinne

Die Granatapfelmotive entstammen der Schwälmer Paradekissenborte (B)

Wie man den beiden Bildern mit den Originalstickereien entnehmen kann, ist das Muster leicht unterschiedlich gearbeitet worden.

Im Grunde genommen handelt es sich um eine Variation des gewickelten Erbsloches,
das hier von Vorder-

und Rückseite zu sehen ist.

Erbslochkante_7

Der Unterschied besteht im Wesentlichen in der Verwendung von dickerem Garn und im zusätzlichen Zusammenwickeln der Enden benachbarter Fadenbündel.
Daraus habe ich eine Variation abgeleitet, die dem Original nicht vollständig entspricht, aber doch sehr nahe kommt.

Das im Folgenden gezeigte Muster ist nur eine Arbeitsprobe.

Es ist sinnvoll, mit dem Fadenauszug in der Mitte zu beginnen. Hier habe ich zunächst das mittlere Fadenpaar ausgezogen und dann auf beiden Seiten jeweils 5 weitere Gewebefäden entfernt, insgesamt also 12 Fäden.

Auf beiden Seiten der entstandenen Fadenrinne werden nun abwechselnd jeweils vier Fäden stehen gelassen und ein weiterer ausgezogen.

Über je vier verbliebenen Fäden werden von der Rückseite aus Kästchenstiche (Vierfachstickgarn Nr. 20) gestickt, die jeweils 4 Gewebefäden bündeln.

Mit Vierfachstickgarn Nr. 16 werden die entstandenen Fadenbündel umwickelt und zu Erbslöchern zusammengefasst.

Man beginnt mit dem rechten Fadenbündel und umwickelt es von unten nach oben 12-14 mal. Die Wicklungen sollten gleichmäßig nebeneinander liegen und sollten von der Anzahl her über alle Fadenbündel gleich sein.

*Man führt den Faden unter den Kreuzen der Kästchenstiche zum nächsten Fadenbündel.

Nun wickelt man von oben nach unten. Zuerst zieht man durch zwei Wicklungen das unbearbeitete und das rechts davon gelegene zusammen.

Dann fährt man mit dem Umwickeln des unbearbeiteten Fadenbündels bis zum Erreichen der Unterkante fort.

Dort zieht man die beiden Fadenbündel erneut durch zwei Wicklungen zusammen

und führt den Faden unter den Kreuzen der Kästchenstiche zum nächsten Fadenbündel.

Erneut wird von unten nach oben umwickelt, aber diesmal vorerst nur bis zur Mitte. Dort werden mit zwei Wicklungen das teilweise unbearbeitete und das rechts davon gelegene Fadenbündel fest zusammengezogen.

Danach wird das linke Fadenbündel bis zum Erreichen der Oberkante umwickelt.*

Man wiederholt die Arbeitsschritte (*), auf dem Weg nach unten die Fadenbündel an den Kanten

und auf dem Weg nach oben in der Mitte zusammenfassend.

Von der Vorderseite aus ergibt sich folgendes Bild:

Danach wird die restliche Fläche mit Kästchenstichen gefüllt.

Ein hübsches Muster – besonders geeignet für lange, schmale Motive – ist entstanden.

Ich habe festgestellt, dass die Variante der auch an den Kanten zusammenfassend umwickelten Erbslöcher das Arbeiten der gefalteten Erbslochkante wesentlich erleichtert.

Wie entsteht ein Musteraufdruck mittels Schablone?

In dem Beitrag Die mühsame Arbeit von Designerinnen wurde die Entstehung von Schwälmer Konturenmustern bereits beschrieben.

Es gibt einige Möglichkeiten, solche Muster auf Leinen zu übertragen, wie das direkte Aufzeichnen mittels nicht-permanenter Stifte nebst einer Lichtquelle, das Durchpausen mittels Durchschreibepapier oder das Aufbügeln mittels eines Bügelmusterstiftes. Eine weitere Möglichkeit ist die Übertragung mittels einer Schablone und pulverisierter Farbe. Die dazu nötige, sehr aufwändige Vorarbeit lohnt sich, wenn das Muster vervielfältigt werden soll.

Hier wird nun über die Schritte vom Muster auf Papier zum aufgedruckten Design auf Leinen berichtet.

Die Reinzeichnung des Musters erfolgt auf dünnem Transparentpapier mit einer Grammatur von 35/40. Spezielles transparentes 90 g Architektenpapier dient als Träger für die entstehende Schablone.

Die Reinzeichnung wird auf eine feste, aber nicht ganz starre Unterlage (z.B. Schreibtischunterlage) gelegt. Ist das Muster nicht achsensymmetrisch, muss die Zeichnung mit der Rückseite nach oben platziert werden. Über die Zeichnung wird das Architektenpapier gelegt und gegen Verrutschen gesichert.

Mit einer spitzen, sehr dünnen Nadel wird nun mit ruhiger Hand sehr dicht Loch neben Loch auf den Linien entlang gestochen. Bis zu 15 Einstiche pro Zentimeter sind nötig, um am Ende gleichmäßige Linien zu erzielen. Ist die Nadel zu dick, würden die Ränder des Trägerpapiers ausfransen und die Zwischenräume der Löcher könnten aufreißen.

Bei größeren Mustern muss man zwischendurch immer mal wieder Pausen einlegen, um Augen und Hände nicht zu überanstrengen.

Das Lochen der Folie mit der Nähmaschine ist nicht ratsam. Die Nähmaschinennadeln sind meist zu dick, größeres Papier würde verknicken.

Ist die Schablone dann fertig (hier gezeigt nach mehrmaliger Benutzung), kann das Leinen vorbereitet werden. Es wird in der gewünschten Größe zugeschnitten. Für einige Muster müssen mit farbigem Nähgarn Fäden zur Markierung eingezogen werden, um das Muster ganz exakt setzen zu können. Bei anderen Mustern genügen kleine Bleistiftmarkierungen.

Eine große Tischplatte wird mit zwei Lagen glatt gebügelter Betttücher ausgestattet. Diese nehmen nach kurzer Zeit viel von der blauen Farbe auf. Schwere Gewichte – hier Marmorblöcke – werden bereit gelegt.

Das Leinen wird auf dem Tisch ausgebreitet, ausgerichtet und glatt gestrichen.

Die Schablone wird – mit der Rückseite nach oben – passgenau auf das vorbereitete Leinen gelegt und mit den Gewichten gegen Verrutschen gesichert. Deutlich kann man hier die hochstehenden Ränder der Stanzlöcher erkennen.

Ein mineralisches Pulver, dessen Zusammensetzung ich nicht genau kenne, befindet sich in einem flachen Behälter. (Das Pulver enthält auf alle Fälle Talkum und mineralisches, nicht chemisches Wäscheblau.)

Ein Stempel mit einer dicken Filzschicht wird in das Pulver getaucht. Überschüssiges Pulver wird abgeschüttelt.

Unter leichtem Druck wird der Stempel über die Linien bewegt. Da man das Ergebnis nicht zwischendurch prüfen kann, bedarf es einiger Erfahrung zu wissen, wie oft man über die Linien reiben muss.

Die Schablone wird vorsichtig abgenommen, überschüssiges Pulver wird in den Behälter zurück geschüttet.

Das feine Pulver, das durch die Stanzlöcher gedrückt wurde, liegt jetzt linienförmig auf dem Leinen.

Diese Pulverlinien werden mit Spiritus übersprüht, um sie zu fixieren. Bis es trocken ist, bleibt das Leinenstück an seinem Platz liegen.

Aus den dicht gelochten Linien der Schablone sind feine, ebenmäßige und lange haltbare Konturenlinien entstanden, nach denen man gut sticken kann.

Leider hat sich die Zusammensetzung des Farbpulvers geändert, sodass die Linien in letzter Zeit nur mit Mühe auszuwaschen waren. Wenn eine andere Rezeptur gefunden würde, könnte man auf den riesigen vorhandenen Schatz an Schablonen zurückgreifen. Schablonen, die in Jahrzehnten in mühevoller Arbeit entstanden sind – große und kleine, dicht besetzte und lockere Muster, strenge oder eher verspielte Anordnungen – für jeden Nutzen und jeden Geschmack ist etwas zu finden.