Bewerbung muss überarbeitet werden

Seit der Einreichung meiner Bewerbung zur Eintragung der Schwälmer Weißstickerei in das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes beim Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst im November 2021 habe ich nichts weiter davon gehört.

Doch nun gibt es Neuigkeiten.

Vor Kurzem wurde ich durch ein Schreiben des unabhängigen Fachkomitees Immaterielles Kulturerbe bei der Deutschen UNESCO-Kommission in Bonn überrascht.

Meine Bewerbung wurde nicht gleich abgelehnt, sondern zur Überarbeitung zurückgestellt, da einige Stellen nicht ausreichend ausgearbeitet wurden.
Mir wird Gelegenheit gegeben, meinen Antrag in diesen Punkten zu überarbeiten. Die Chance, mit einem überarbeiteten Bewerbungsformular eine Aufnahme der Schwälmer Weißstickerei in das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes zu erreichen, schätze ich als hoch ein.

Vorher müssen die angesprochenen Punkte aber noch intensiver betrachtet werden. So sollen die Ausführungen zu den geplanten Erhaltungsmaßnahmen präziser formuliert und die Trägergruppen enger in die Antragstellung eingebunden werden.

Dazu benötige ich ihre Hilfe.

In dem Antragsformular heißt es dazu unter anderem:
9. Bestehende und geplante Maßnahmen zur Erhaltung und kreativen Weitergabe des Immateriellen Kulturerbes
Bitte stellen Sie dar, welche Maßnahmen von den Trägerinnen und Trägern der Kulturform umgesetzt wurden bzw. werden, um den Fortbestand des Immateriellen Kulturerbes zu sichern und welche Maßnahmen für die Zukunft geplant sind. Erhaltungsmaßnahmen dienen der Bewusstseinsbildung, der Förderung, der Weitergabe,insbesondere durch schulische und außerschulische Bildung, der Ermittlung, der Dokumentation, der Erforschung, der Aufwertung sowie der Neubelebung verschiedener Aspekte des Kulturerbes. (zwischen 2000 und 4000 Zeichen inkl. Leerzeichen)

Ich habe dazu einige Aspekte erwähnt, die ich hier jedoch nicht nennen möchte, um Sie nicht zu beeinflussen. Denn es gibt sicher noch weitere Betrachtungsmöglichkeiten.

Bitte teilen Sie mir – wenn möglich in einem Kommentar zu diesem Blogbeitrag – mit, ob Sie bereits mit Erhaltungsmaßnahmen für die Schwälmer Weißstickerei aktiv sind oder in Zukunft aktiv werden möchten und wie diese Aktivitäten aussehen (z. B. Stickgruppen zu leiten, Kurse zu geben, Vorführungen bei Märkten, Festen u. ä. abzuhalten, kreativ stickend mit Migranten oder vulnerablen Gruppen zusammenzutreffen, Kindern die Stickerei näher zu bringen….vieles mehr ist denkbar.)

Auch würde mich interessieren, wie weit das Interesse und Engagement der jungen, digitalen Generation in Bezug auf die Schwälmer Weißstickerei ist. Gibt es Stickerinnen, die sich über die sozialen Medien austauschen oder auch solche, die als Influencer in diesem Bereich tätig sind?

Über eine rege Beteiligung würde ich mich sehr freuen. Sie würde letztendlich helfen, der für uns Stickerinnen so wichtigen Technik mehr Aufmerksamkeit zu schenken und sie weiter zu tragen.

Für Ihre Rückäußerungen bedanke ich mich im Voraus ganz herzlich.

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Wie ein glücklicher Zufall es wollte, wurde ich gestern ein zweites Mal überrascht. Dank des Artikels in dem Inspirations Newsletter ist ein weiterer wichtiger Baustein zu den notwendigen Ausführungen gegeben. Dafür bin ich sehr dankbar.

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Wenn Sie wissen wollen, wie ein Bewerbungsformular aussieht, können Sie es sich hier anschauen:

Stopfhohlsäume

Stopfhohlsäume haben eine lange Tradition in der Schwälmer Weißstickerei.

Es gibt sie in verschiedensten Ausführungen, mit schmalen oder breiten Mustersegmenten und in unterschiedlichsten Höhen. In meiner Dokumentation Schwälmer Stopfhohlsäume habe ich bereits 193 (!) voneinander abweichende Muster dargestellt. Immer wieder gibt es neue Varianten zu entdecken. Natürlich kann man mit etwas Geschick auch eigene Muster kreieren.

Sehr interessant sind für mich dabei auch die kombinierten Stopfhohlsäume, wie sie hier in den Bildern 5 und 6 zu sehen sind.

Auf einem meiner überlieferten Sammlungsstücke fand ich einen sehr interessanten Stopfhohlsaum dieser Kategorie.
Das mittlere Band besteht aus einem zweiteiligen Blockmuster mit Spinnen, das obere und untere Band wird durch ein gespiegeltes A-Muster gebildet.
(Informationen zu den einzelnen Kategorien und detaillierte Beschreibungen der Arbeitsweisen findet man in Lektion #4 – Mustertuch mit Stopfhohlsäumen.)

Dieser Stopfhohlsaum enthält augenscheinlich einen Fehler. Zwar ist jedes einzelne der drei zusammengesetzten Bänder in gleichmäßigem Rhythmus gearbeitet, aber die Mustersegmente von Mittelteil und Unter- bzw. Oberteil sind unterschiedlich breit. Dadurch kommt es zu Verschiebungen im Gesamtaussehen des Musters.

Greift man sich die einzelnen Segmente – das Musterteil, das ständig wiederholt wird – heraus, stellt man fest, dass die Segmente von Ober- und Unterteil aus je 18 Bündeln bestehen, die des Mittelteils aber nur aus 12 Bündeln.

Auch habe ich wahrgenommen, dass das Mittelteil mit extrem niedrigen Stufen gebildet wurde. Heutzutage wird die Höhe einer Stufe üblicherweise mit 4 mm angesetzt. Solche festen Regeln galten früher nicht. Doch so niedrigen Stufen wie im Mittelteil des hier gezeigten Beispiels war ich bisher noch nicht begegnet.

Das regte mich zum Ausprobieren und weiterem Kombinieren an. Oft war ich überrascht, wie unterschiedlich die Wirkung der einzelnen Musterkombinationen ausfiel. Elf Beispiele sind in meiner Dokumentation Schwälmer Stopfhohlsäume zu sehen. Doch es gibt noch viele weitere.

Schnell habe ich ein paar Musterproben gestickt. Dabei habe ich zunächst das Muster des Mittelteils mit auf 2 mm reduzierte Stufen gestickt.

Dann habe ich ein in der Stufenhöhe ebenfalls reduziertes A-Muster, allerdings mit nur einer Lochreihe zwischen den Dreiecken, daneben gesetzt. Auch überlege ich, ob neben den fertigen Stopfhohlsaum ein Erbsloch- oder nur ein Kästchenhohlsaum gesetzt werden soll.

In einem weiteren Versuch habe ich das mittlere Muster etwas in die Breite gezogen und über insgesamt 14 Bündel pro Mustersegment gearbeitet. Daneben habe ich ein Seitenteil über die volle Stufenhöhe von 4 mm, aber verkürzt auf ein Mustersegment von 14 Bündeln und mit zwei Lochreihen, gesetzt; und zwar so, dass die Zick-Zack-Linien die Spinnenteile treffen.

Durch die Verringerung des Oberteils auf 14 Bündel erstreckt sich die Basis der Dreiecke über 8 Bündel. Die Kombination mit dem darunter liegenden Block über 12 Bündel gefiel mir nicht so recht.
So habe ich weiter ausprobiert.

Eines der dabei entstandenen Muster werde ich im übernächsten Blogbeitrag präsentieren.

Haben Sie nicht Lust bekommen, auch einmal mit unterschiedlichen Kombinationsmöglichkeiten zu spielen, um neue Muster herauszufinden?

Flächenfüllmuster Nr. 569

Kategorie: Lichtes Muster ohne Grundstichgitter
verwendetes Leinen: 13.5-fädig
verwendetes Garn: Vierfachstickgarn Nr. 20 für die Rosen- und die Wickelstiche
angewandte Stiche: Rosen- und Wickelstiche
Mitte: Kreuzung zweier Fadenrinnen (Kästchen)
Breite eines Mustersegmentes: 18 Gewebefäden

Das hier zuerst gezeigte Muster ist nur eine Arbeitsprobe. Hier kann man es in ein Motiv eingebettet sehen.
Zuerst erstellt man ein lichtes Fadengitter mit einer Kreuzung zweier Fadenrinnen (Kästchen) im Zentrum, indem man sowohl horizontal als auch vertikal jeweils abwechselnd 2 Fäden auszieht und zwei Fäden stehen lässt.

In einem Abstand von einem freien Kästchen unterhalb des Zentrumskästchen beginnt man, Rosenstiche in einer diagonalen Reihe nach oben links zu sticken.

Man dreht die Arbeit und stickt eine zweite Reihe im Abstand von drei freien Kästchen – gezählt in horizontaler Reihe – parallel zur ersten.

Im gleichen Abstand werden weitere parallele Reihen gestickt, bis die gesamte Fläche gefüllt ist.

Dann arbeitet man einen Rosenstich rechts unterhalb des Zentrumskästchens und sticht danach im Zentrumskästen aus.

Man umwickelt das rechte Fadenpaar des Kästchens von rechts nach links

insgesamt drei mal.

Nach dem dritten Stich führt man die Nadel unter dem Fadenkreuz hindurch zum Kästchen oberhalb des Zentrums.

Von dort aus umwickelt man das obere Fadenpaar des Zentrumskästchens von unten nach oben, wieder insgesamt drei mal.

Nach dem dritten Stich führt man die Nadel unter dem Fadenkreuz hindurch zum nächsten diagonal nach links oben liegende Kästchen.

Von dort aus arbeitet man wieder einen Rosenstich, mit dem Stich nach links beginnend.

Auf diese Weise arbeitet man jeweils abwechselnd einen Rosenstich und 2 x 3 Wickelstiche.

Man dreht die Arbeit um 180° und stickt in gleicher Weise drei Wickelstiche über das unbearbeitete vertikale

und drei Wickelstiche über das unbearbeitete horizontale Fadenpaar.

Nach dem dritten Stich führt man die Nadel unter dem Rosenstich hindurch ins nächste freie Kästchen.

Auf diese Weise arbeitet man je 2 x 3 Wickelstiche über die freien Fadenpaare, bis die Reihe gefüllt ist.

Die weiteren freien Reihen werden in gleicher Weise bestickt, worauf dabei zu achten ist, dass die Rosenstiche der benachbarten Reihen auf einer Linie liegen.

(Ein ähnliches, aber etwas unscheinbareres, Muster erzielt man, wenn man das Rosenstichraster in ein Grundstichgitter arbeitet. Dann erspart man sich die Wickelstiche, muss aber vorher das gesamte Gitter mit Grundstichen sichern. Ich habe meine riesige Mustersammlung durchstöbert, um Ihnen den Unterschied zeigen zu können. Leider war kein einziges auf diese Weise gearbeitetes Muster dabei.)

Bunte Schwälmer Stickerei

Ende der 1980er und zu Beginn der 1990er gab es eine Phase, in der Schwälmer Stickerei bunt ausgeführt wurde. Nicht etwa in Pastelltönen, sondern in kräftigen, manchmal gar knalligen Farben. Auch der Aenne Burda Verlag brachte damals in mehreren Ausgaben seines Magazins Anna einige Vorschläge für kunterbunte Schwälmer Stickereien. Diese wurden von den Stickerinnen gerne aufgegriffen. Auch eigene Entwürfe wurden farbig umgesetzt. Die rustikale Art passte zum Einrichtungsstil der damaligen Zeit.

Für den hier zu sehenden Wandbehang – gestickt von Irmgard Mengel – wurden zwei Rottöne sowie Braun, Grün und Goldgelb gewählt.

Das dicht- und handgewebte Leinen ermöglichte das präzise Setzen der Stiche, wie nicht nur bei den Blättchen eindrucksvoll zu sehen ist.

Die Feinfädigkeit des Leinens erlaubte das wirkungsvolle Sticken von Flächenfüllmustern,

die in diesem Beispiel ausnahmslos mit weißem Garn ausgeführt wurden.

Das in die Tulpe gestickte Flächenfüllmuster hat meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Dieses Muster werde ich im nächsten Blogbeitrag beschreiben.

Der Rand wurde mit Kästchenstichen und Trachtenstichen, am unteren Ende auch noch mit zusätzlichen doppelten Hexenstichen verziert.

Mit sich änderndem Zeitgeschmack verschwanden diese bunten Stickereien zumeist in Schränken und Truhen oder wurden gar gänzlich entsorgt. Man fand zurück zur edler wirkenden, zeitlos erscheinenden und ursprünglichen Weißstickerei. Heute stelle ich allerdings einen leichten Trend zur Lust auf dezente Farbigkeit fest.

Sofakissenbezug „From the Heart“

Voller Freude teile ich mit, dass es eines meiner Schwälmer Weißstickerei-Projekte geschafft hat, in das Weltklasse Magazin Inspirations – the world´s most beautiful needlework , aufgenommen zu werden.

Mein Kissenbezug mit einem typischen Schwälmer Motiv wurde auf den Seiten des Magazins professionell in Szene gesetzt.

Das Muster erhielt den Namen From the Heart. Mit weißem Garn auf naturfarbenem Leinen gestickt, entfaltet es eine großartige Wirkung.

Die typischen Motive Korb, Herz, Tulpe und „Sonne“ wurden effektvoll mit einfachen, lichten und Limet-Durchbruchmustern sowie mit Nadelspitze gefüllt. Spiralen und kleine Blätter füllen die Zwischenräume.

Eine genaue Arbeitsanleitung findet man in dem Magazin. Und das Beste: Inspirations hat eine Materialpackung zusammengestellt. So kann man mit den passenden Utensilien mühelos mit dem Sticken eines solchen Projektes beginnen.

Falls Sie mal die Möglichkeit haben, Adelaide zu besuchen, sollten Sie unbedingt die Gelegenheit nutzen, um sich in dem Bobbin Tree Laden umzusehen – eine tolle Fundgrube für jeden Handarbeitsbegeisterten.