Flächenfüllmuster Nr. 562

Kategorie: einfaches Durchbruchmuster
verwendetes Leinen: 13.5-fädig
verwendetes Garn: Vierfachstickgarn Nr. 20
angewandte Stiche: Wickelstiche
horizontale Mitte: vierfache Fadenrinne

Das Blütenmotiv mit den durchbrochenen Blättern entstammt der Schwälmer Paradekissenborte (B).

Wie man der Detailaufnahme der Originalstickerei entnehmen kann, handelt es sich um eine Art versetzter Erbslöcher, die aber keine Kästchenstiche als Grundlage haben, sondern ausschließlich aus Wickelstichen bestehen.

Ich habe unterschiedliche Möglichkeiten ausprobiert und empfehle, das Muster zu sticken wie im Folgenden beschrieben.

Man zieht in einer Richtung abwechseln jeweils 4 Gewebefäden aus und lässt 2 dazwischen stehen. Das Muster baut sich von rechts unten nach links oben auf.

Dazu umwickelt man 6 Gewebefäden der untersten breiten Fadenrinne 3-4 mal.

*Dann führt man die Nadel diagonal nach links oben unter dem horizontalen Gewebefadenpaar zur nächsten Fadenrinne und sticht zwischen dem dritten und vierten Faden des Bündels aus.

Man wiederholt den Stich einmal,

kehrt zum Ausgangspunkt zurück und führt die Nadel unter dem umwickelten Fadenbündel durch zur gegenüberliegenden Seite.

Von dort aus führt man die Nadel über das horizontale Fadenpaar diagonal nach rechts oben, sticht erneut zwischen dem dritten und vierten Faden des Bündels ein und am Ausgangspunkt wieder aus.

Erneut führt man die Nadel über das horizontale Fadenpaar diagonal nach rechts oben, sticht wiederum zwischen dem dritten und vierten Faden des Bündels ein und sticht diesmal 6 Gewebefäden nach links wieder aus.

Die auf der Nadel liegenden 6 Gewebefäden bilden das nächste Bündel. Bevor man es aber umwickeln kann, muss man die Anbindung der linken 3 Fäden an das darunter liegende Fadenpaar vornehmen.
Dazu führt man die Nadel über das Fadenpaar diagonal nach rechts unten, sticht neben dem gewickelten Bündel ein und am Ausgangspunkt wieder aus.

Auch diesen Stich wiederholt man einmal,

um dann die beider 3er Fadenbündel zusammenzuwickeln.*

Man wiederholt die Arbeitsschritte (*).

Am oberen Rand angekommen, dreht an die Arbeit um 180° und stickt die nächste Reihe neben die erste.

An den Stellen, an denen die Fadenpaare bereits umwickelt sind, kann man diese Schritte weglassen.
Manche Reihen – nicht alle – rücken dicht an die vorhergehende. Man kann die Bündel mit der Nadelspitze etwas verschieben, um gleichmäßige Abstände zu erzielen.

Auf diese Weise entsteht ein luftiges Muster, dass sich für die Füllung nicht allzu großer Flächen eignet.

Flächenfüllmuster Nr. 561

Kategorie: einfaches Durchbruchmuster
verwendetes Leinen: 13.5-fädig
verwendetes Garn: Vierfachstickgarn Nr. 20 für die Kästchenstiche und Nr. 16 für die Variante des gewickeltesn Erbslochs
angewandte Stiche: Kästchenstiche und Variante des gewickelten Erbslochs
horizontale Mitte: doppelte Fadenrinne

Die Granatapfelmotive entstammen der Schwälmer Paradekissenborte (B)

Wie man den beiden Bildern mit den Originalstickereien entnehmen kann, ist das Muster leicht unterschiedlich gearbeitet worden.

Im Grunde genommen handelt es sich um eine Variation des gewickelten Erbsloches,
das hier von Vorder-

und Rückseite zu sehen ist.

Erbslochkante_7

Der Unterschied besteht im Wesentlichen in der Verwendung von dickerem Garn und im zusätzlichen Zusammenwickeln der Enden benachbarter Fadenbündel.
Daraus habe ich eine Variation abgeleitet, die dem Original nicht vollständig entspricht, aber doch sehr nahe kommt.

Das im Folgenden gezeigte Muster ist nur eine Arbeitsprobe.

Es ist sinnvoll, mit dem Fadenauszug in der Mitte zu beginnen. Hier habe ich zunächst das mittlere Fadenpaar ausgezogen und dann auf beiden Seiten jeweils 5 weitere Gewebefäden entfernt, insgesamt also 12 Fäden.

Auf beiden Seiten der entstandenen Fadenrinne werden nun abwechselnd jeweils vier Fäden stehen gelassen und ein weiterer ausgezogen.

Über je vier verbliebenen Fäden werden von der Rückseite aus Kästchenstiche (Vierfachstickgarn Nr. 20) gestickt, die jeweils 4 Gewebefäden bündeln.

Mit Vierfachstickgarn Nr. 16 werden die entstandenen Fadenbündel umwickelt und zu Erbslöchern zusammengefasst.

Man beginnt mit dem rechten Fadenbündel und umwickelt es von unten nach oben 12-14 mal. Die Wicklungen sollten gleichmäßig nebeneinander liegen und sollten von der Anzahl her über alle Fadenbündel gleich sein.

*Man führt den Faden unter den Kreuzen der Kästchenstiche zum nächsten Fadenbündel.

Nun wickelt man von oben nach unten. Zuerst zieht man durch zwei Wicklungen das unbearbeitete und das rechts davon gelegene zusammen.

Dann fährt man mit dem Umwickeln des unbearbeiteten Fadenbündels bis zum Erreichen der Unterkante fort.

Dort zieht man die beiden Fadenbündel erneut durch zwei Wicklungen zusammen

und führt den Faden unter den Kreuzen der Kästchenstiche zum nächsten Fadenbündel.

Erneut wird von unten nach oben umwickelt, aber diesmal vorerst nur bis zur Mitte. Dort werden mit zwei Wicklungen das teilweise unbearbeitete und das rechts davon gelegene Fadenbündel fest zusammengezogen.

Danach wird das linke Fadenbündel bis zum Erreichen der Oberkante umwickelt.*

Man wiederholt die Arbeitsschritte (*), auf dem Weg nach unten die Fadenbündel an den Kanten

und auf dem Weg nach oben in der Mitte zusammenfassend.

Von der Vorderseite aus ergibt sich folgendes Bild:

Danach wird die restliche Fläche mit Kästchenstichen gefüllt.

Ein hübsches Muster – besonders geeignet für lange, schmale Motive – ist entstanden.

Ich habe festgestellt, dass die Variante der auch an den Kanten zusammenfassend umwickelten Erbslöcher das Arbeiten der gefalteten Erbslochkante wesentlich erleichtert.

Wie entsteht ein Musteraufdruck mittels Schablone?

In dem Beitrag Die mühsame Arbeit von Designerinnen wurde die Entstehung von Schwälmer Konturenmustern bereits beschrieben.

Es gibt einige Möglichkeiten, solche Muster auf Leinen zu übertragen, wie das direkte Aufzeichnen mittels nicht-permanenter Stifte nebst einer Lichtquelle, das Durchpausen mittels Durchschreibepapier oder das Aufbügeln mittels eines Bügelmusterstiftes. Eine weitere Möglichkeit ist die Übertragung mittels einer Schablone und pulverisierter Farbe. Die dazu nötige, sehr aufwändige Vorarbeit lohnt sich, wenn das Muster vervielfältigt werden soll.

Hier wird nun über die Schritte vom Muster auf Papier zum aufgedruckten Design auf Leinen berichtet.

Die Reinzeichnung des Musters erfolgt auf dünnem Transparentpapier mit einer Grammatur von 35/40. Spezielles transparentes 90 g Architektenpapier dient als Träger für die entstehende Schablone.

Die Reinzeichnung wird auf eine feste, aber nicht ganz starre Unterlage (z.B. Schreibtischunterlage) gelegt. Ist das Muster nicht achsensymmetrisch, muss die Zeichnung mit der Rückseite nach oben platziert werden. Über die Zeichnung wird das Architektenpapier gelegt und gegen Verrutschen gesichert.

Mit einer spitzen, sehr dünnen Nadel wird nun mit ruhiger Hand sehr dicht Loch neben Loch auf den Linien entlang gestochen. Bis zu 15 Einstiche pro Zentimeter sind nötig, um am Ende gleichmäßige Linien zu erzielen. Ist die Nadel zu dick, würden die Ränder des Trägerpapiers ausfransen und die Zwischenräume der Löcher könnten aufreißen.

Bei größeren Mustern muss man zwischendurch immer mal wieder Pausen einlegen, um Augen und Hände nicht zu überanstrengen.

Das Lochen der Folie mit der Nähmaschine ist nicht ratsam. Die Nähmaschinennadeln sind meist zu dick, größeres Papier würde verknicken.

Ist die Schablone dann fertig (hier gezeigt nach mehrmaliger Benutzung), kann das Leinen vorbereitet werden. Es wird in der gewünschten Größe zugeschnitten. Für einige Muster müssen mit farbigem Nähgarn Fäden zur Markierung eingezogen werden, um das Muster ganz exakt setzen zu können. Bei anderen Mustern genügen kleine Bleistiftmarkierungen.

Eine große Tischplatte wird mit zwei Lagen glatt gebügelter Betttücher ausgestattet. Diese nehmen nach kurzer Zeit viel von der blauen Farbe auf. Schwere Gewichte – hier Marmorblöcke – werden bereit gelegt.

Das Leinen wird auf dem Tisch ausgebreitet, ausgerichtet und glatt gestrichen.

Die Schablone wird – mit der Rückseite nach oben – passgenau auf das vorbereitete Leinen gelegt und mit den Gewichten gegen Verrutschen gesichert. Deutlich kann man hier die hochstehenden Ränder der Stanzlöcher erkennen.

Ein mineralisches Pulver, dessen Zusammensetzung ich nicht genau kenne, befindet sich in einem flachen Behälter. (Das Pulver enthält auf alle Fälle Talkum und mineralisches, nicht chemisches Wäscheblau.)

Ein Stempel mit einer dicken Filzschicht wird in das Pulver getaucht. Überschüssiges Pulver wird abgeschüttelt.

Unter leichtem Druck wird der Stempel über die Linien bewegt. Da man das Ergebnis nicht zwischendurch prüfen kann, bedarf es einiger Erfahrung zu wissen, wie oft man über die Linien reiben muss.

Die Schablone wird vorsichtig abgenommen, überschüssiges Pulver wird in den Behälter zurück geschüttet.

Das feine Pulver, das durch die Stanzlöcher gedrückt wurde, liegt jetzt linienförmig auf dem Leinen.

Diese Pulverlinien werden mit Spiritus übersprüht, um sie zu fixieren. Bis es trocken ist, bleibt das Leinenstück an seinem Platz liegen.

Aus den dicht gelochten Linien der Schablone sind feine, ebenmäßige und lange haltbare Konturenlinien entstanden, nach denen man gut sticken kann.

Leider hat sich die Zusammensetzung des Farbpulvers geändert, sodass die Linien in letzter Zeit nur mit Mühe auszuwaschen waren. Wenn eine andere Rezeptur gefunden würde, könnte man auf den riesigen vorhandenen Schatz an Schablonen zurückgreifen. Schablonen, die in Jahrzehnten in mühevoller Arbeit entstanden sind – große und kleine, dicht besetzte und lockere Muster, strenge oder eher verspielte Anordnungen – für jeden Nutzen und jeden Geschmack ist etwas zu finden.

Fertige Bügelmuster

Meine Vorliebe gilt der Handarbeit, hier speziell der Stickerei, wobei ich Weißstickerei favorisiere. Ich habe mich auf die Schwälmer Weißstickerei konzentiert. So blieb daneben wenig Zeit, auch andere Techniken intensiv auszuüben. Dabei gestehe ich gen, dass das edle Aussehen der Richelieu-Stickerei mich schon immer fasziniert hat.

Kürzlich bekam ich Post aus Polen.

Durch Zufall hatte ich von von Joanna Jakuszewska und ihrer der Arbeit erfahren. Sie stickt exzellent. Sie hat sich auf die Richelieu-Stickerei konzentriert und entwirft sehr vielfältige schöne Muster. Zeichnungen für Projekte in allen Größen und Formen lassen das Herz höher schlagen.

Das Beste jedoch ist, dass sie einen Weg gefunden hat, diese Muster auf Leinen zu übertragen. Sie bietet sowohl Bügelmusterbögen an als

auch Packungen mit zugeschnittenem Leinen und bereits aufgebügeltem Muster.

Das feine Leinen ist nahezu gleichmäßig gewebt und 15/16-fädig,

wie man unter dem Fadenzähler klar sehen kann.

Es hat einen angenehmen Griff. Die Linien sind in grau gehalten.

Wer schon einmal ein aufgedrucktes Muster bestickt hat, weiß diesen Vorteil sehr zu schätzen – man erspart viel Zeit mit dem oft umständlichen Übertragen des Designs.

Die Packung beinhaltet zudem eine bebilderte Kurzbeschreibung in englischer Sprache.

Und wenn Joanna gerade ein Leinenstück übrig hat, legt sie gern ein kleines Muster zum Üben bei.

Für alle Freunde der Richelieu-Stickerei bietet sich hier also eine tolle Option. Joanna´s shop ist eine interessante Quelle und eine riesige Fundgrube. Schauen Sie doch einfach mal rein.

Die Bestellung ist unkompliziert, die Versandkosten sind angemessen und die Ware wird umgehend versendet.

Es wäre toll, wenn man solche Bügelmuster auch für die Schwälmer Weißstickerei zur Verfügung hätte. Natürlich habe ich gleich mit Testen und Kontaktaufnahmen begonnen. Näheres dazu erfahren Sie später.

Die mühsame Arbeit von Designerinnen

Nicht jeder hat die Begabung, sich eigene Designs auszudenken und zu zeichnen. Meist wird beim Sticken von Schwälmer Mustern auf bereits vorhandene Entwürfe zurückgegriffen. Man erspart sich dadurch viel Arbeit und kann sich aus dem inzwischen vorhandenen breiten Angebot das Passende heraussuchen.

Wie aber entstehen solche Zeichnungen?

Zuerst braucht man eine Idee. Das schwalmtypische Muster soll größere Elemente wie Flächen zum Besticken mit Füllmustern und kleine umgebende und verbindende wie Stiele und Blättchen enthalten. Das Muster soll sich natürlich auch von bereits vorhandenen Mustern unterscheiden.

Nach der Idee wird eine grobe Skizze angefertigt und diese dann nach und nach zu einem ausgewogenen Muster entwickelt. Wie groß soll das Muster werden? Welche Form soll es erhalten? In welchem Größenverhältnis und in welchem Abstand sollen die einzelnen Motive untereinander stehen?

Welche Art von Blättchen soll zugefügt werden – spitze oder runde, geteilte oder einfache? Wie viele sollten es werden? In welchem Winkel sollen Abzweige von Stielen erfolgen? Wie oft sollen sich Spiralen eindrehen? Welche Umrandungen sollen die Motive bekommen – Schnürlochbögen, Messerspitzen, 2kurz-2lang? ….. und, und und.

Ist die Skizze dann endlich ausgereift und erscheint das Muster ausgewogen, wird mit Hilfe von Bleistift und Radiergummi, Zeichenbrett, Lineal, Zirkel, Winkelmesser und diversen Zeichengeräten oder Schablonen meist per Hand eine dünnlinige Reinzeichnung erstellt. (Computer-Zeichenprogramme wurden bisher von den meist älteren Designerinnen für Schwälmer Weißstickereimuster nur äußerst selten genutzt.)

Um von der Idee zu einem stimmigen, ausgeklügelten und exakt gezeichneten Schwälmer Konturenmuster zu gelangen stecken also viel Arbeit und Zeitaufwand in der Erstellung eines Designs.
Meist erheben die Designerinnen nur einen sehr geringen Betrag für ihre Dienste, und viele der Entwürfe werden nur in sehr geringer Stückzahl weiterverbreitet. So ist der Lohn für die stundenlange, mühevolle Arbeit eher kärglich.
Daher sollte es selbstverständlich sein, dass das Copyright der Designerinnen geachtet wird.