Eignungstest von Gewebe für Schwälmer Weißstickerei

In meinem Beitrag „Leinen: Gewebe aus Flachsfasern“ habe ich dargelegt, warum man für die Schwälmer Weißstickerei nur reines Leinen in geeigneter Verarbeitung verwenden sollte.

Nun übersandte mir eine meiner Kundinnen ein kleines Stückchen Stoff. Sie bekam es von Ihrer Großmutter, die es einst zur Fertigung von Bettlaken gekauft hatte. Meine Kundin hielt den Stoff für Leinen, war sich aber unsicher, ob dieses Gewebe zum Besticken in der Schwälmer Technik geeignet sei und bat mich um Rat.

Ich unternahm mehrere kleine, mir als Laien mögliche, Prüfungen, um festzustellen, ob das Gewebe für die Schwälmer Weißstickerei geeignet ist oder nicht. Diese zeige ich Ihnen hier auf, um Sie in die Lage zu versetzen, selbst einmal Stoffe zu analysieren.

Die Stoffprobe war 10,5 cm breit und (bis zum Fadenauszug) 10 cm lang und hatte an einer Seite eine Webkante, was mir sofort die Einordnung in Kette und Schuß ermöglichte.
Stoffprobe_1
Erste optische Beobachtungen:
Der erste optische Eindruck zeigt einen dicht gewebten Stoff, der als solcher für die Weißstickerei geeignet wäre.
Die Ausfransungen am Rand verraten aber auch auf den ersten Blick, dass die Kettfäden wesentlich dünner sind als die Schussfäden.
Das Gewebe zeigt nicht den leichten Glanz, der für Leinengewebe eigentlich typisch ist. Das könnte auf einen Baumwollanteil hindeuten.

Eine Brennprobe macht keinen Sinn, denn beide Naturfasern – sowohl Baumwolle als auch Flachsfasern – verbrennen genauso schnell, mit großer, heller Flamme und einem Geruch nach verbranntem Papier und hinterlassen leichte, feine Flugasche.

Genauere optische Prüfung:
Stoffprobe_2
Beim Blick durch den Fadenzähler stellt man leicht die genaue Fadenanzahl pro Zentimeter des Gewebes fest. Hier stellt sich heraus, dass der Stoff nicht nur in Kette und Schuss eine unterschiedliche Fadenanzahl aufweist – das könnte man durch geschicktes Fadenziehen eventuell noch ausgleichen -, sondern auch Differenzen innerhalb der Kettfadenanzahl auftreten. Während auf einem Zentimer 18 Schussfäden verwendet wurden, so sind es stellenweise 20, an anderen Stellen 21, ja sogar 22 Kettfäden.
Ein solcher Grund würde bei den Durchbruchmustern eine unregelmäßige Struktur ergeben; diese kann zwar auch reizvoll sein, gefällt aber nicht jedem.

Praktische Prüfung – Fadenauszug:
Sowohl Längs- als auch Querfäden lassen sich relativ leicht ausziehen.
Stoffprobe_3
Man merkt sofort, dass die dünneren Kettfäden sehr viel fester gedreht sind als die dickeren Schussfäden. (Kettfäden müssen haltbar sein, damit sie beim Weben nicht ständig reißen.) Bei dem vorliegenden Gewebe kann man den Kettfaden leicht an einem Stück ausziehen. Dies weist außer auf feste Fadendrehung auch auf lange Faserbündel hin.
Beim Aufdrehen (Ein Gewebefaden wird wischen Daumen und Zeigefinger beider Hände gespannt und langsam entgegen der vorhandenen Drehrichtung aufgedreht. Sobald er sich spaltet, wird er langsam auseinandergezogen. Aus den auseinandergezogenen Fadenenden kann man nun die einzelnen Fasern herauszupfen.) der Fäden merkt man, dass sich die Schussfäden sehr viel leichter in Einzelfasern zerlegen lassen als die Kettfäden. Wenn man sie aber in Einzelfasern zerlegt hat, stellt man fest, dass die einzelne Faser des Schussfadens länger ist als die des Kettfadens. Das deuted darauf hin, dass es sich bei den Schussfäden um Baumwolle handelt. Baumwollfasern sind 10 mm bis 55 mm lang, Flachsfasern dagegen 20 mm bis 40 mm, die Feinheit beider Einzelfasern ist in etwa gleich.
Der Hechelflachs, der zum Verspinnen verwendet wird, besteht, obwohl er stark ausgekämmt wurde, immer noch aus Faserbündeln, die durch Pflanzenleim zusammengehalten werden. Die Faserbündel des Hechelflachses sind jedoch sehr unterschiedlich stark und so entstehen die für Leinengarn typischen Verdickungsstellen. Vergleicht man Kett- und Schußfaden in dieser Hinsicht, stellt man fest, dass der Kettfaden (Bild unten, oberer Faden) diese Unregelmäßigkeiten aufweist, der Schussfaden (Bild unten, unterer Faden) allerdings gleichmäßig dick ist. Dies erkennt man besonders gut, wenn man den jeweiligen Faden gespannt zwischen den Händen hält.
Stoffprobe_4
Auch dies weist daruf hin, dass es sich bei Kette und Schuss um unterschiedliche Materialien handelt.
(Ein Mikroskop steht mir nicht zur Verfügung und auch auch eine genaue Materialbestimmung ist ohne Labor nicht möglich.)

Betrachtet man den fertigen Limet-Fadenauszug, stellt man unschwer fest, dass – obwohl fest in einen Rahmen eingespannt – sich besonders die dickeren Schussfäden sehr leicht verschieben.
Stoffprobe_5
Praktische Prüfung – Besticken:
Das leichte Verschieben der Fäden macht ein Besticken der Flächen sehr schwer. Nur mit Mühe kann es dennoch gelingen.
Stoffprobe_6
Nach der 5-minüten Kochwäsche ist der Stoff eingelaufen; aus 10,5 cm sind 10,2 cm geworden und aus 10 cm sind 9,5 cm – ein normaler Prozentsatz.
Nach dem Trocknen fühlt sich das Gewebe sehr weich an – was wiederum auf einen Baumwollanteil hindeutet.

Fazit:
Zum Besticken mit aufwändiger Schwälmer Weißstickerei würde ich unter Berücksichtigung der oben genannten Gesichtspunkte dieses Gewebe nicht empfehlen.

Wenn Sie also selbst mal ein Gewebe in Händen haben, von dem Sie sich nicht sicher sind, ob es sich zum Besticken in der Schwälmer Technik eignet, machen Sie doch einfach diese kleinen Tests. Diese können wirklich sehr hilfreich sein und vor Frust und Enttäuschung während oder nach der Stickarbeit bewahren.

Als Fachliteratur dienten mir meine früheren Lehrbücher

Kleine Textilkunde
Lisa Adebahr
Verlag Tandwerk und Technik – Dr. Felix Büchner
Hamburg 1964

Von der Faser zum Stoff
Lisa Adebahr-Dörel
Verlag Handwerk und Technik – Dr. Felix Büchner
Hamburg 1964

Weddigen Leinen – der Stoff für die Schwälmer Weißstickerei

In meinem Artikel vom 18. August 2013 über „Leinen: Gewebe aus Flachs-Fasern“ habe ich dargelegt, wie wichtig geeignetes Material für gutes Gelingen jeder Stickerei ist und versucht, zu erklären, wie die Beschaffenheit des Leinens für diese spezielle Art der Weißstickerei sein sollte. Dabei habe ich „Weddigen“ Leinen als das meistverwendete und beste Leinen für die Schwälmer Weißstickerei genannt. Wie dem auch sei, ich weiß, dass viele von Ihnen in Ihrem Teil der Welt Schwierigkeiten haben, dieses Leinen zu finden. Ein Grund dafür ist, dass Weddigen Leinen einen anderen Namen erhalten kann, wenn es Deutschland verlässt. Die Großhändler können es anders benennen. Das bedeutet, dass Ihre Internetsuche nach „Weddigen Leinen“ nicht überall erfolgreich verläuft.

Eine meiner Kundinnen aus den USA hat Recherche betrieben und mich darauf aufmerksam gemacht, dass „Weddigen“-Leinen in den Vereinigten Staaten unter dem Namen „Legacy“ von „Access Commodities“ vertrieben wird. Das gängigste Leinen, das mit 16 Fäden/cm oder ungefähr 40Fäden/inch, wird dort unter dem Namen „Alba Maxima“ gehandelt. Es gibt auch das Leinen mit 20 Fäden/cm oder ungefähr 50 Fäden/inch, das den Namen „Napery Ivory“ trägt.
Das Leinen mit 13,5 Fäden/cm oder ungefähr 34 Fäden/inch ist in den USA nur schwer zu finden.
Außerdem ist zu beachten, dass nicht jedes „Legacy“ Leinen für die Schwälmer Weißstickerei geeignet ist.

Auch einen anderen Punkt bezüglich Weddigen Leinen möchte ich klarstellen:
Als ich anfing, meine Bücher zu schreiben, hatte ich zwar das richtige Material, kannte aber nicht die genaue Bezeichnung. Ich zählte die Fäden, damals nicht wissend, dass Leinen – als 13,5-fädig gewebt – nach der Fertigstellung durchaus 14-fädig sein kann Dieses Leinen trägt die Bezeichnung „13,5-fädig“. Da es anderes Leinen mit der Bezeichnung 14-fädig gibt, das aber für die Schwälmer Weißstickerei nicht geeignet ist, möchte ich hier klarstellen: Wenn ich den Begriff „14-fädiges Leinen“ verwendet habe, habe ich damit das 13,5-fädige Weddigen-Leinen mit der Artikelnummer 160 gemeint . Dies erwähne ich, weil ich vor einiger Zeit den Besuch einer Dame hatte, die 14-fädiges Weddigen Leinen gekauft hatte. Unglücklicherweise war es nicht dicht gewebt und als Siebleinen für die Schwälmer Weißstickerei nicht geeignet.

Bitte achten Sie darauf – egal welches Leinen Sie für die Schwälmer Weißstickerei verwenden – dass es möglichst dicht und möglichst gleichmäßig gewebt ist.

Ich hoffe, diese Information hilft Ihnen, das richtige Leinen zu finden. Leinen, das es wert ist, viele Stunden der Schwälmer Weißstickerei darin zu investieren.

Konturenmuster: Aufbügeln oder Aufzeichnen?

Weil ich weiß, dass viele Stickerinnen bevorzugen, Konturenmuster mittels eines wasserlöslichen Markierstiftes direkt auf den Stoff zu zeichnen, wollte ich auch diese Methode für die Schwälmer Weißstickerei testen.
Dazu habe ich das Musterblatt auf einem Lichtpaneel mit Klebefilm befestigt. Lichtpaneele (LightPads) sind ideal zum Übertragen der Muster auf den Stoff – ein Tisch mit einer Glasplatte und eine starke Lichtquelle darunter tun genauso ihren Dienst.
Leuchtenpaneel mit Musterblatt | LightPad with the design

Auf 13,5-fädigem Weddigen Leinen markierte ich die Längs- und Querachse des Motivs und legte es über das Musterblatt, sorgfältig darauf achtend, dass die markierten Linien von Musterblatt und Leinen übereinstimmten. In dieser Position befestigte ich auch das Leinen mit Klebefilm.
genaue Positionierung des Leinens | carefully positioning the linen

Mit einem wasserlöslichen Markierstift für Stoff – AQUA-Trickmarker EF – mit extra feiner Spitze
wasserlöslicher Markierstift | water erasable marking pen
extra feine Spitze | extra fine tipbegann ich, die Linien nachzuziehen. Zuerst drückte ich nur sehr leicht auf, mit dem Ergebnis, dass die Farbe nur in leichten Punkten mit unregelmäßigem Abstand auf das Leinen kam. Also drückte ich etwas fester auf. Jetzt erschienen die Linien klar auf dem Stoff – zwar nicht sehr dünn (extra fine), aber auch nicht zu dick. Zuerst zeichnete ich die Herzkontur nach: das Ergebnis war akzeptabel. Dann zeichnete ich die kleinen Bögen. Dabei blieb die Spitze des Stiftes oft zwischen den Gewebefäden hängen, weshalb die Linien ungleichmäßig und ein wenig zittrig wirkten.
Obwohl ich mich bemühte, gelangen nicht alle Bögen so, wie ich es wollte. Oft folgte der Stift ein Stück weit der Fadenrinne und hinterließ eine gerade statt einer gekrümmten Linie.

nachgezeichnete Kontur auf dem Leuchtenpaneel | traced design on the LightPadAuf den ersten Blick, mit der Vorlage und dem Licht darunter, sieht das Ergebnis akzeptabel aus.

nachgezeichnete Kontur | traced designAllein betrachtet und ohne Gegenlicht, sieht die Zeichnung nicht gut aus. Die Bögen sind ungleichmäßig und manchmal gezackt – definitiv nicht glatt gerundet.

Buegel-Abdruck Clover | iron-transfer print CloverZum direkten Vergleich zeige ich hier das aufgebügelte Muster der gleichen Kontur.

Natürlich bin ich in der Lage, einige dieser Unebenheiten beim Sticken auszugleichen, aber nicht alle.
die Farbe wird nicht abgerieben | the colour did not fadeDie Farbe ist kein bisschen verblasst und hat sich auch nicht abgerieben. Es war sehr leicht, den Linien zu folgen.
Nach Beendigung der Stickarbeit habe ich das Stück – nach Anweisung des Hersteller – mit klarem Wasser gewaschen. Sofort war alle Farbe verschwunden; das Bild zeigt das nasse Teil, nachdem ich es nur ganz kurz unter fließendes Wasser gehalten hatte.

sehr schnell und einfach auswaschbar | very easy washable

Dennoch kochte ich das Leinen, um es zum Einlaufen zu bringen. Gestärkt und gebügelt sieht es hübsch aus, aber das geübte Auge erkennt die Ungleichmäßigkeiten.

fertige Arbeit | finished piece

Vielleicht ist die Methode des direkten Aufzeichnens auf den Stoff besser geeignet für feinere Gewebe mit einer glatteren Oberfläche. Für die Schwälmer Weißstickerei mit kleinen Blättern, vielen Spiralen und den Schnürlochbögen würde ich sie nicht empfehlen.

Haben Sie mit dieser Methode Erfahrungen gesammelt, die Sie weitergeben möchten? Dann hinterlassen Sie bitte einen Kommentar.

Bügelmusterstifte im Vergleich

Meine bevorzugte Methode ist das Sticken nach vorgedruckten Linien. Aber nicht für alle Motive kann man solche Vordrucke erhalten und nicht jeder hat die Möglichkeit, an solche Vordrucke zu gelangen. Deshalb muss man manchmal andere Wege gehen.

Eine bewährte Methode, Konturen auf Stoff zu bringen, ist die Übertragung durch Bügelmusterstifte. Nun habe ich mich entschlossen, die gängigen Stifte namhafter Hersteller zu testen.

Ich habe mir drei verschiedene Bügelmusterstifte besorgt:
● DEKA
● Prym
● Clover

Die Firma Prym hat den althergebrachten blauen Bügelmusterstift vor kurzem vom Markt genommen und ihn durch einen roten Stift mit herausdrehbarer Mine ersetzt.

Dieser Test bezieht sich ausschließlich auf die Verwendung reinen Leinens. (Alle drei Hersteller betonen in ihren Artikelbeschreibungen, dass die Stifte nur für die Anwendung auf Naturmaterialien und nicht für Synthetikstoffe geeignet sind. Auch erwähnen alle drei, dass die Stifte nicht für den direkten Auftrag auf den Stoff, sondern nur zum Aufbügeln genommen werden sollten.)
BGELMUSTERSTIFT
Buegelmusterstifte neu | iron-on transfer pencils new

Zwei Stifte spitze ich an, so gut es geht, bei dem dritten drehe ich die Mine ca. 3 mm weit heraus.
BGELMUSTERSTIFT Detail

Auf ein Vorlagenblatt mit einer einfachen Herzkontur lege ich für jeden Test ein Blatt Transparentpapier und sichere es gegen Verrutschen.
Kontur

Dann zeichne ich die Kontur einmal mit jedem Stift nach. Mit Bleistift markiere ich mir die mittlere Längs- und Querachse. Ein Stück weit von der Kontur entfernt notiere ich mir das Fabrikat des Stiftes mittels des jeweiligen Anfangsbuchstabens (P=Prym, D=DEKA, C=Clover).
Zeichnung mit Clover | drawing with Clover
Zeichnung mit DEKA | drawing with DEKA
Zeichnung mit Prym | drawing with Prym

Dabei ist mir „Prym“ einmal abgebrochen und ich habe zweimal ein Stück Mine nachdrehen müssen. Der Stift hat sich also relativ schnell abgeschrieben. Er hinterließ auch einige Krümel.
„DEKA“ hat sich etwas abgeschrieben, „Clover“ kaum , wie der Vergleich „vorher – nachher“ zeigt.
Vergleich vorher-nachher | contrast before and after

Ich habe einen ca. 20 cm breiten Leinenstreifen (13,5 fädiges Weddigen-Leinen) vorbereitet und mir die Längs- und Querachsen für die Plätze der einzelnen Herzen markiert.
markierter Leinenstreifen | marked linen stripe

Das Transparentpapier wird mit der Musterzeichnung nach unten so auf den Stoff gelegt, das die Mittelmarkierungen übereinstimmen. In dieser Position wird das Papier befestigt (bitte keinen Klebstreifen verwenden – dieser würde die Bügelhitze nicht vertragen!)
Transparent

Das Bügeleisen zwischen Mittelhitze und oberster Stufe eingestellt, habe ich die Konturen so oft wie möglich auf den Stoff übertragen.

Von Clover erhielt ich einen guten Abdruck. Der zweite Abdruck wurde – trotz sehr langen Erhitzens – zu schwach, um damit zu arbeiten. Von DEKA erhielt ich drei gute Abdrucke, der vierte war zu schwach, um damit zu arbeiten.
Abdruck Clover | print Clover

Die DEKA-Linien sind erheblich dunkler als die Clover-Linien, was in diesen Bildern leider nicht so deutlich hervortritt.
Abdruck DEKA | print DEKA

Bei Prym musste ich sehr lange – fast bis zum Versengen des Stoffes – bügeln, um einen Abdruck zu erhalten. Dann jedoch wurden es fünf gute Abdrucke. Der sechste war zu schwach, um damit zu arbeiten.
Abdruck Prym | print prym

Was hier nicht auf den ersten Blick ersichtlich ist, sich beim Sticken aber negativ bemerkbar macht, sind die dicken Linien von Clover.

Die jeweils farbstärksten Exemplare habe ich bestickt. Die restlichen Abdrucke habe ich auf eine Fensterbank gelegt, um Sie Tages- und Sonnenlicht auszusetzen. Bereits nach wenigen Stunden waren die Abdrucke von Prym erheblich verblasst, auch die von DEKA haben ein wenig von ihrer Farbkraft verloren, am wenigsten hat der Farbauftrag von Clover gelitten.
Abdruck

Über die Herzlinien habe ich zunächst dichte Knötchenstiche (Vierfachstickgarn Nr. 20) gearbeitet.

(Wie man Knötchenstiche arbeitet, ist sehr detailliert in meinem Buch „Gundlagen der Schwälmer Weißstickerei“ beschrieben. Den Übungsfortschritt beim Sticken solcher Stiche kann man bei Kathy Andrews verfolgen, die gerade dabei ist, sich die Technik der Schwälmer Weißstickerei anzueignen http://www.theunbrokenthread.com/blog/2013/09/25/white-coral-knots-lots-and-lots-and-lots-of-them/ und ein Video, das den Verlauf des Stichs zeigt, sieht man hier:
http://www.needlenthread.com/2008/07/video-tutorial-coral-stitch.html
Allerdings haben Mary Corbet´s Knötchenstiche für die Schwälmer Weißstickerei viel zu große Abstände.)

Knoetchenstiche | CoralKnot stitches

Die Bögen habe ich mit dichten Schlingstichen (Schnürlochbögen) gefüllt.

Hierbei habe ich bei DEKA keinen Farbabrieb feststellen können.
Schlingstiche mit DEKA | Blanket stitches with DEKA

Bei Clover hat sich die Farbe durch die Bearbeitung abgerieben, wie der Vergleich der ursprünglichen Kontur mit der fast vollständig bestickten zeigt.
Vergleich Clover | contrast clover

Bei Prym hatte ich zunächst den Eindruck, dass sich die Knötchenstiche rosa einfärben. Das war jedoch nicht der Fall. Der – für mich verwirrende – rosa Schimmer entstand durch die sehr breiten Konturenlinien.
Schlingstiche mit Prym | Blanket stitches with Prym

Nachdem auch die Kettenstiche und die Flächenfüllmuster gearbeitet waren, habe ich die Teile gewaschen. Eingeweicht und mit Kernseife behandelt, verschwanden alle blauen Linien sehr schnell.
Obwohl Clover in seiner Artikelbeschreibung sagt, die Linien müssten überstickt werden, da sie nicht auswaschbar seien, sind alle Clover-Linien – auch das „C“ verschwunden.

Etwas länger gedauert hat es, die Linien von Prym zu entfernen. Vollwaschmittel und ca. 5 Minuten sprudelndes Kochen haben aber ausgereicht, auch diese Linien weg zu bekommen.
Kochwaesche | boiling in a pot

Am Ende erstrahlten alle drei Herzen in spurenfrei reinem Weiß.
fertiges Stueck | finished piece

Altes, handgewebtes Leinen – so genanntes „Bauernleinen“

– was Stickerinnen beim Kauf beachten sollten

Mein Artikel über „Leinen: Gewebe aus Flachs-Fasern“ hat so viel Anklang gefunden, dass ich jetzt auch noch etwas zu altem, handgewebtem Leinen, so genanntem „Bauernleinen“, sagen möchte.

In Deutschland und den umliegenden Ländern werden noch relativ große Mengen alten, handgewebten Leinens angeboten – von privat über Annoncen, beim Antikhandel, auf Flohmärkten und natürlich bei Ebay. Da die meisten dieser Ballen Leinens auf Bauernhöfen oder für Bauern erzeugt wurden und auch dort über die Jahrzehnte lagerten, wird dieses Leinen auch als „Bauernleinen“ bezeichnet.

Um Ihnen zu zeigen, wie groß das vorhandene Angebot ist, hier nur zwei Links mit den Suchbegriffen „Bauernleinen Ballen“ und „Bauernleinen Rolle“:
http://www.ebay.de/sch/i.html?_nkw=bauernleinen+ballen
http://www.ebay.de/sch/i.html?_nkw=bauernleinen+rolle

Nichts ist schöner, als eine schwalm-typische Stickerei mit überlieferten Konturenmustern und traditionellen Flächenfüllmustern auf altem, handgewebtem Leinen auszuführen.
Handgewebtes Leinen gibt es selten in einer Breite von mehr als 80 cm. Die meisten Leinenbreiten liegen zwischen 60 cm und 75 cm. Will man ein breiteres Objekt anfertigen, muss man die einzelnen Teile mit den Webkanten aneinander nähen.

Doch nicht jedes alte handgewebte Leinen ist für die Stickerei zu gebrauchen. Das hat mehrere Gründe:

  • das Leinen wurde schon bei der Herstellung für gröbere oder andere Verwendungszwecke vorgesehen;
  • das Leinen wurde nicht richtig gelagert
  • das Leinen ist zu ungleichmäßig für diese Art der Stickerei

    • Bei den Recherchen zu meinem ersten Leinen-Artikel bin ich auf eine interessante schematische Darstellung gestoßen. Sie stammt zwar aus dem Jahr 1984 und inzwischen gibt es sicherlich Züchtungen von speziellen Flachs-Pflanzen, die höhere Öl-Erträge oder höhere Faser-Erträge erzielen, aber grundsätzlich ist die Aufstellung auch heute noch gültig.

      Schema der Produkte, die aus Flachs gemacht werden

      Interessant für Stickerinnen sind die farbig markierten Felder. Daraus ist zu ersehen, dass sowohl nach dem Schwingen als auch nach dem Hecheln Kurzfasern anfallen, die ebenso wie die Langfasern verwebt werden. Solche Leintücher wurden für grobe Säcke und für Wagentücher und anderes verwendet.

      Für Stickerinnen interessant sind nur die Gewebe aus den Langfasern. Diese Gewebe haben ein glatteres Aussehen.
      Bei Kurzfaser-Geweben lassen sich Fäden nur sehr schwer und Stückchen für Stückchen ausziehen., weil die Fäden zerfallen und weil das Gewebe durch die vielen abstehenden Faserenden verfilzt ist.

      Kurzfaserleinen_-_short_fibre_linen
      Handgewebte Leinen sind fast immer dicht gewebt. Man muss darauf achten, Gewebe mit Leinwandbindung zu erhalten (es gibt z.B. auch Köperbindung, die ist nicht geeignet). Das Leinengewebe sollte zwischen 14 und 20 Fäden pro cm aufweisen, und zwar die gleiche oder zumindest annähernd die gleiche Fadenzahl in beiden Richtungen (Kette und Schuss).
      Das Leinen sollte möglichst keine Flecken aufweisen – Rostflecken und Stockflecken kann man nicht entfernen (so genannter „Liegeschmutz“ ist kein Problem).

      Wenn Sie Leinen vor Ort kaufen, prüfen Sie den „Griff“ des Leinens – es sollte angenehm in der Hand liegen; bestimmen Sie die Fadenanzahl, halten Sie das Leinen gegen das Licht, um zu sehen, ob größere durchscheinende Stellen vorhanden sind (dann lieber nicht nehmen), gucken Sie, dass keine größeren Verschmutzung da sind. Wenn Ihnen das Leinen danach immer noch zusagt, bitten Sie darum, an einer unauffälligen Stelle am Rand einen Faden ziehen zu dürfen.

      Wenn Sie das Leinen nur über Bilder und Beschreibungen kaufen, achten Sie unbedingt darf, dass die Bilder scharf und Einzelheiten klar und deutlich zu erkennen sind. Es sollte zum einen ein Bild mit dem deutlich sichtbaren Gesamteindruck da sein sowie eine Nahaufnahme, am besten mit einer aufliegenden Geldmünze, anhand deren man die Fadenanzahl ermitteln kann. Meist wird auch noch ein Bild mit dem Gesamtballen gezeigt. Wenn die Bilder dem entsprechen, was Sie sich vorgestellt haben und dann auch noch die Artikelbeschreibung dazu passt, dann kann man das Wagnis eingehen und das Leinen kaufen – ein Wagnis bleibt es aber immer. Man kann die Qualität des Leinens erst erfahren, wenn man es in Händen hält und selbst in ugenschein nehmen kann.

      ungleichmäßsig gewebtes Leinen - uneven weave linen 1Das Leinen zeigt schon auf den ersten Blick eine unruhige Struktur. In der Vergrößerung kann man deutlich erkennen, dass das Leinen sehr ungleichmäßig gewebt ist.

      ungleichmäßig gewebtes Leinen - uneven weave linen 2Dieses Leinen würde ich nicht kaufen, um es zum Sticken zu verwenden.

      gleichmaessig gewebtes Leinen - even weave linen 1

      Dieses Leinen macht einen glatten Eindruck. In der Vergrößerung kann man sehen, dass es sehr gleichmäßig gewebt ist. Dazu kommt die Artikelbeschreibung: „weißes, recht feines, glattes Leinen (s. Foto), 73 cm breit. Das Leinen ist noch nicht benutzt, also ungewaschen und im guten Originalzustand, sauber und ohne Schäden. Es ist also noch grau und wird erst nach dem ersten Waschen schneeweiß. Es stammt von einem Bauernhof in Niedersachsen.
      Diese feine Qualität wurde früher zu Wäsche, Hemden, Bettlaken u.Ä. verarbeitet.

      gleichmäßig gewebtes Leinen - even weave linen 2Bei diesem Leinen würde ich das Wagnis eingehen und es zum Besticken kaufen.
      Sind die Bilder nicht entsprechend und ist der Verkäufer nicht bereit, bessere Bilder nachzuliefern, sollte man unbedingt von einem Kauf absehen.