Stopfhohlsaum-Kissen B

Ein etwas anders gewebtes Streifenleinen als das für Stopfhohlsaum-Kissen A verwendete, diente als Grundstoff für ein Kissen mit einem breiten Hohlsaum in der Mitte.

Es handelt sich um einen 17-stufigen (!) gespiegelten Stopfhohlsaum

mit einem Mustersegment von 18 Bündeln.

Die Mittelpunkte treten durch ihre ganz besonderen Spinnenkonstruktionen mit zwei Spinnenkörpern hervor.

Im Gegensatz zum Stopfhohlsaum des Kissens A verläuft der Stopfhohlsaum bei diesem Kissen nur über dessen Vorderseite.

Das Ende wurde mit Schlingstichen gesichert und mit Schnürlochbögen verziert. Auf Höhe jeder zweiten Stufe wurde der Stopfhohlsaum an das stehengebliebene Gewebe angebunden.

Informationen zu den einzelnen Kategorien und detaillierte Beschreibungen der Arbeitsweisen findet man in Lektion #4 – Mustertuch mit Stopfhohlsäumen

In meiner Dokumentation Schwälmer Stopfhohlsäume sind 193 (!) voneinander abweichende Muster dargestellt.

Ostergruß von Colette Bonnet

Colette Bonnet aus Frankreich hat vor ca. 1 ½ Jahren meine Ausstellung in Eschwege besucht und sich viele Anregungen geholt. Damals noch Anfängerin in Sachen Schwälmer Weißstickerei, tastete sie sich mit Hilfe ihrer Freundin und Lehrmeisterin Jacqueline Blanot sehr schnell an die vielen Facetten der Kombination von Techniken heran und machte unübersehbare Fortschritte.

Eine frühlingshafte Decke entstand auf einem der hier erworbenen Muster-Aufdrucke in Rekordzeit.

Besonders das Ausprobieren unterschiedlichster Flächenfüllmuster bereitet ihr Freude.

Und ein kleiner Hase mit großem Ei grüßt (nachträglich) zum Osterfest.

Weitere beeindruckende Zeugnisse ihrer Sticktätigkeit werden im Laufe des Jahres vorgestellt.

Stopfhohlsaum-Kissen A

Auf Streifenleinen #926 soll mittig zwischen zwei Gewebestreifen ein kombinierter Stopfhohlsaum gearbeitet werden. Der Stopfhohlsaum soll durchgängig über Vor- und Rückseite des Kissens verlaufen.

Das Kissen soll eine fertige Größe von 38 cm x 38 cm erhalten (Nahtzugabe 1 cm, Saumzugabe 2 cm).
Maßberechnung:
Breite: 1 cm + 38 cm + 1 cm + 4 cm (Einlauf ca. 8 – 10 %) = 44 cm
Länge: 2 cm + 38 cm + 38 cm + 2 cm + 2,5 cm (Einlauf ca. 3 %) = 82,5 cm
Der Stoff wird auf das Maß von 44 cm x 82,5 cm zugeschnitten. Die Streifen sollen dabei den gleichen Abstand vom der Mitte aus haben.
Die Kanten des Stoffes werden gegen Ausfransen gesichert.

Der Stopfhohlsaum soll aus 3 Bändern zusammengesetzt werden. Die Mitte soll aus einem zweiteiligen Blockmuster über 5 auf 0,3 cm reduzierte Stufen gebildet werden. Die Seiten sollen ein A-Muster über je 4 auf 0,5 cm erhöhte Stufen erhalten.

Dementsprechend wird der Fadenauszug vorgenommen. Von der Längsmitte aus werden nach beiden Seiten je 0,75 cm abgemessen, 1 Faden gezogen, 4 Fäden stehen gelassen, 1 Faden gezogen, 2 cm abgemessen, 1 Faden gezogen, 4 Fäden stehen gelassen und ein letzter Faden gezogen.

Im Abstand von 2 cm von der unteren Kante entfernt beginnend, werden von der Rückseite aus Kästchenstiche über die 4 Vierer-Fadengruppen gearbeitet. Dabei ist darauf zu achten, dass immer die gleichen vier horizontalen (im Bild vertikalen) Gewebefäden gebündelt werden.

Die in der Mitte verbliebenen Gewebefäden werden 3,5 cm vom Rand entfernt durchtrennt. Die kurzen Fadenenden werden 1,5 cm weit aus dem Gewebe gezogen, zur Rückseite gefaltet und mit kurzen Steppstichen am Platz gehalten.

Die langen Fadenenden werden ca. 4 cm von der gegenüberliegenden Kante entfernt durchtrennt und ausgezogen. Unter Verwendung von Vierfachstickgarn Nr. 16 werden zuerst Blöcke über je 10 Bündel mit einem Abstand von je 2 freien Bündeln in die mittlere Fadenrinne gestopft.

Anschließend werden die Spinnenblöcke über die zwei verbliebenen Fadenbündel gearbeitet.

Die Fäden für die Seitenteile werden auf gleiche Weise ausgezogen. Das gewünschte A-Muster wird eingestopft.

Kurz vor Erreichen der gegenüberliegenden Seite stoppt man mit der Stopfarbeit, zieht die Gewebe-Fadenenden bis auf 2 cm von der Kante entfernt zurück und hält sie auf der Rückseite mit kurzen Steppstichen am Platz.

Das Stopfmuster wird über die restlichen Fadenbündel fortgesetzt und dabei in Höhe jeder Stufe an den Rand angebunden.

Von der Vorderseite sieht das folgendermaßen aus:

Dann wird der Stopfhohlsaum auch auf der gegenüberliegenden Seite an den verbliebenen Stoff angebunden.

Ein hübscher ausdrucksstarker, breiter Stopfhohlsaum ist entstanden.

Das bestickte Leinen wird gewaschen, gestärkt und gebügelt und an den Seiten zusammengenäht.

Nach dem Wenden wird der Stoff bei Bedarf nochmals aufgebügelt. Das Kissen wird eingeschoben. Die unteren Stoffkanten werden an der 2-cm-Linie nach innen gefaltet. Die Öffnung wird mit überwendlichen Handstichen geschlossen.

Mit nicht allzu viel Aufwand ist ein schlichtes, klar strukturiertes Muster entstanden, das sehr gut mit den Gewebestreifen harmoniert.

Die Kombination von Streifenleinen mit Stopfhohlsaum hat einen edel wirkenden Kissenbezug hervorgebracht.

Stopfhohlsäume

Stopfhohlsäume haben eine lange Tradition in der Schwälmer Weißstickerei.

Es gibt sie in verschiedensten Ausführungen, mit schmalen oder breiten Mustersegmenten und in unterschiedlichsten Höhen. In meiner Dokumentation Schwälmer Stopfhohlsäume habe ich bereits 193 (!) voneinander abweichende Muster dargestellt. Immer wieder gibt es neue Varianten zu entdecken. Natürlich kann man mit etwas Geschick auch eigene Muster kreieren.

Sehr interessant sind für mich dabei auch die kombinierten Stopfhohlsäume, wie sie hier in den Bildern 5 und 6 zu sehen sind.

Auf einem meiner überlieferten Sammlungsstücke fand ich einen sehr interessanten Stopfhohlsaum dieser Kategorie.
Das mittlere Band besteht aus einem zweiteiligen Blockmuster mit Spinnen, das obere und untere Band wird durch ein gespiegeltes A-Muster gebildet.
(Informationen zu den einzelnen Kategorien und detaillierte Beschreibungen der Arbeitsweisen findet man in Lektion #4 – Mustertuch mit Stopfhohlsäumen.)

Dieser Stopfhohlsaum enthält augenscheinlich einen Fehler. Zwar ist jedes einzelne der drei zusammengesetzten Bänder in gleichmäßigem Rhythmus gearbeitet, aber die Mustersegmente von Mittelteil und Unter- bzw. Oberteil sind unterschiedlich breit. Dadurch kommt es zu Verschiebungen im Gesamtaussehen des Musters.

Greift man sich die einzelnen Segmente – das Musterteil, das ständig wiederholt wird – heraus, stellt man fest, dass die Segmente von Ober- und Unterteil aus je 18 Bündeln bestehen, die des Mittelteils aber nur aus 12 Bündeln.

Auch habe ich wahrgenommen, dass das Mittelteil mit extrem niedrigen Stufen gebildet wurde. Heutzutage wird die Höhe einer Stufe üblicherweise mit 4 mm angesetzt. Solche festen Regeln galten früher nicht. Doch so niedrigen Stufen wie im Mittelteil des hier gezeigten Beispiels war ich bisher noch nicht begegnet.

Das regte mich zum Ausprobieren und weiterem Kombinieren an. Oft war ich überrascht, wie unterschiedlich die Wirkung der einzelnen Musterkombinationen ausfiel. Elf Beispiele sind in meiner Dokumentation Schwälmer Stopfhohlsäume zu sehen. Doch es gibt noch viele weitere.

Schnell habe ich ein paar Musterproben gestickt. Dabei habe ich zunächst das Muster des Mittelteils mit auf 2 mm reduzierte Stufen gestickt.

Dann habe ich ein in der Stufenhöhe ebenfalls reduziertes A-Muster, allerdings mit nur einer Lochreihe zwischen den Dreiecken, daneben gesetzt. Auch überlege ich, ob neben den fertigen Stopfhohlsaum ein Erbsloch- oder nur ein Kästchenhohlsaum gesetzt werden soll.

In einem weiteren Versuch habe ich das mittlere Muster etwas in die Breite gezogen und über insgesamt 14 Bündel pro Mustersegment gearbeitet. Daneben habe ich ein Seitenteil über die volle Stufenhöhe von 4 mm, aber verkürzt auf ein Mustersegment von 14 Bündeln und mit zwei Lochreihen, gesetzt; und zwar so, dass die Zick-Zack-Linien die Spinnenteile treffen.

Durch die Verringerung des Oberteils auf 14 Bündel erstreckt sich die Basis der Dreiecke über 8 Bündel. Die Kombination mit dem darunter liegenden Block über 12 Bündel gefiel mir nicht so recht.
So habe ich weiter ausprobiert.

Eines der dabei entstandenen Muster werde ich im übernächsten Blogbeitrag präsentieren.

Haben Sie nicht Lust bekommen, auch einmal mit unterschiedlichen Kombinationsmöglichkeiten zu spielen, um neue Muster herauszufinden?

Bunte Schwälmer Stickerei

Ende der 1980er und zu Beginn der 1990er gab es eine Phase, in der Schwälmer Stickerei bunt ausgeführt wurde. Nicht etwa in Pastelltönen, sondern in kräftigen, manchmal gar knalligen Farben. Auch der Aenne Burda Verlag brachte damals in mehreren Ausgaben seines Magazins Anna einige Vorschläge für kunterbunte Schwälmer Stickereien. Diese wurden von den Stickerinnen gerne aufgegriffen. Auch eigene Entwürfe wurden farbig umgesetzt. Die rustikale Art passte zum Einrichtungsstil der damaligen Zeit.

Für den hier zu sehenden Wandbehang – gestickt von Irmgard Mengel – wurden zwei Rottöne sowie Braun, Grün und Goldgelb gewählt.

Das dicht- und handgewebte Leinen ermöglichte das präzise Setzen der Stiche, wie nicht nur bei den Blättchen eindrucksvoll zu sehen ist.

Die Feinfädigkeit des Leinens erlaubte das wirkungsvolle Sticken von Flächenfüllmustern,

die in diesem Beispiel ausnahmslos mit weißem Garn ausgeführt wurden.

Das in die Tulpe gestickte Flächenfüllmuster hat meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Dieses Muster werde ich im nächsten Blogbeitrag beschreiben.

Der Rand wurde mit Kästchenstichen und Trachtenstichen, am unteren Ende auch noch mit zusätzlichen doppelten Hexenstichen verziert.

Mit sich änderndem Zeitgeschmack verschwanden diese bunten Stickereien zumeist in Schränken und Truhen oder wurden gar gänzlich entsorgt. Man fand zurück zur edler wirkenden, zeitlos erscheinenden und ursprünglichen Weißstickerei. Heute stelle ich allerdings einen leichten Trend zur Lust auf dezente Farbigkeit fest.