Heute kann ich etwas ganz Besonderes zeigen: die Borte eines Paradekissens von 1826! Leider ist das Kissen nicht mehr vollständig erhalten. Aber das für eine Stickerin wichtigste Teil – die gestickte Borte – ist noch in einem guten Zustand.
Das verwendete Leinen weist eine Fadenanzahl von 21 auf – ist also relativ fein. Die Borte ist insgesamt 21 cm hoch, die Stickerei alleine hat eine Höhe von 15 cm. Oben und unten wird sie durch einen 6-stufigen, geteilten Stopfhohlsaum mit Erbslöchern auf beiden Seiten eingegrenzt. Das Muster dieses Stopfhohlsaumens ist eher selten zu finden.
Nadelspitzen und lichte Muster füllen die Flächen, wobei die lichten Muster teilweise mit Grundstichgitter versehen wurden. In den insgesamt 40 Flächen zähle ich 23 verschiedene Füllmuster.

Ich habe zwei solcher Musterstreifen, die vollkommen identisch sind bis auf die große Mitteltulpe.
Die eine Borte ist mit einem weißen Rosenstichmuster verziert und weist die Buchstaben „AKR und wahrscheinlich F“ auf sowie die Jahreszahl 1826.
Das Gegenstück zeigt eine rote Rosenstichmusterung. Rot wurde manchmal, dann aber sehr sparsam, in Weißstickereiborten integriert. Hier sind die Buchstaben „AKRFI“ zu erkennen.
Das Muster ist von den Formen her an der vertikalen Mittelachse gespiegelt. Die Füllungen sind aber nicht symmetrisch eingesetzt, sondern variieren teilweise sehr stark. Dies kann man dem ersten Bild dieses Beitrages am besten entnehmen.

Die Stickerei wurde bis dicht an die Webkante heran ausgeführt und war zum Teil durch die früher vorhandene Naht verdeckt.
Eine Besonderheit ist der mit Rosenstichen in das lichte Muster einer Tulpe eingestickte Vogel in unmittelbarer Nähe eines Vogelmotivs.

Beide Vögel tragen etwas im Schnabel.
Manche Kreise wurden mit Nadelspitzen gefüllt. Sechs-zackige und acht-zackige Sternfiguren sind zu sehen.
Erwähnenswert ist auch die Gestaltung der Stiele zwischen Herz und Sternblume. Betrachtenswert ist die besondere Randgestaltung der Fläche unter der Mitteltulpe – große, einer Schalenform ähnelnde Blätter unten, in Spiralen endende Kettenstichumrandung und eine Reihe von Schnürlochbögen auf jeder Seite machen diese Fläche überaus interessant.
Interessant ist auch die Anordnung der Vogelbeine.
Es fällt auf, dass Knötchenstiche als Umrandung von Flächen nur sehr sparsam eingesetzt wurden – und zwar nur beim Vogelmotiv und dem, was der Vogel im Schnabel trägt. Knötchenstiche als eng gedrehte Spiralen sind oft zu finden.
Dünne Stiele sind mit Kettenstichen nachgebildet. Für die Umrandungen der großen Flächen wurden dicht gesetzte, gerundete Blätter, geschnürte Bögen, teilweise Schnürlochbögen und 2 kurz-2 lang eingesetzt.

1 Kommentar
  1. Bewunderungswürdig, sehr schön!

Schreibe einen Kommentar