Musterübertragung – Test 4

Bei meinem 4. Test habe ich auf eine überlieferte Methode zurückgegriffen, wie sie auch heute noch in einigen Kursen gehandhabt wird: die Musterübertragung mittels Blaupapier.

Dazu verwendete ich blaues Handdurchschreibepapier der Fa. Kores. Schwarzes Papier ist nicht geeignet, da die Linien nicht auswaschbar sind.

Da ich diese Methode sehr lange nicht angewendet hatte und mir nicht sicher war, ob die blauen Linien des heutigen Papiers auswaschbar sind, habe ich zuerst einen Versuch ohne Stickerei unternommen. Auf einen Leinenrest wurden Linien verschiedener Intensität durchgepaust.

In der kurzen Wäsche mit handwarmem Wasser verschwanden die schwächeren Linien sofort. Von den stärkeren Linien blieb ein ganz leichter Schimmer, der auf dem naturfarbenen Leinen kaum wahrnehmbar ist.

Dadurch ermutigt, unternahm ich weitere Versuche. Auf dem mit Vorstichlinien markierten Leinen wurde das Blaupapier – ausreichend groß für die Musterfläche – positioniert und mit ablösbarem Klebeband befestigt.

Das Blatt mit dem Muster – hier 90 g Transparentpapier – wurde, die Markierungslinien treffend, darüber gelegt und ebenfalls mit ablösbarem Klebeband befestigt.

Für meinen ersten Versuch – siehe unten – wählte ich einen mittelfesten Untergrund. Auch habe ich beim Nachzeichnen der Linien nicht sehr stark aufgedrückt. Dadurch erschienen die Konturen eher schwach. Dennoch konnte ich sie bis zum Schluss erkennen und danach sticken. Der Stift hat sich nicht durch das Musterpapier gebohrt. Wenn man dünneres Papier mit dem Muster darauf verwendet, kann man das Durchbrechen verhindern, indem man einen Teil einer dünnen Klarsichthülle darüber legt.

An einigen Stellen verliefen die Konturenlinien deutlich neben der Stickerei.

Nach kurzer handwarmer Wäsche mit Feinwaschmittel und etwas Rubbeln waren die Linien nur noch schemenhaft zu sehen.

Nach dem Trocknen waren sie ganz verschwunden.

Bei meinem zweiten Versuch habe ich auf einer harten Unterlage gearbeitet und sehr fest aufgedrückt. Dadurch spürte ich beim Aufzeichnen wieder die vielen kleinen Sprünge, die durch das ständige Auf und Ab der Stiftspitze beim Überqueren der Gewebefäden entstanden.
Das hat sich störend auf die Linienführung ausgewirkt, die an manchen Stellen doch recht wackelig wirkt.

Insgesamt aber war ich mit dem Ergebnis sehr zufrieden – die Linien sind fein und dennoch klar zu erkennen.

Um zu sehen, ob die Linien mit der Zeit verwischen oder verblassen, habe ich gegen alle Gepflogenheiten die Stickerei fast vollständig fertig gestellt, bevor dann auch der letzte Zweig bearbeitet wurde.

Die Konturenlinien hatten nichts von ihrer Klarheit eingebüßt.

Vor der Wäsche sah man an einigen Stellen die nicht von Stickerei überdeckten Linien deutlich.

Nach kurzer handwarmer Wäsche mit Feinwaschmittel sind die Linien spurlos verschwunden.

Die Übertragung eines Musters mittels blauem Handdurchschreibepapier ist also gut möglich. Allerdings habe ich diese Methode hier nur auf naturfarbenem, pflegeleicht ausgerüstetem Leinen getestet. Ein Test auf weißem Leinen steht noch aus.

Bewerbung eingereicht

In Deutschland üben nur noch relativ wenige Stickerinnen die Schwälmer Weißstickerei aus. Viele von ihnen sind im Rentenalter bzw. im fortgeschrittenen Rentenalter. Nachwuchs ist schwer zu finden. Daher sehe nicht nur ich den Fortbestand dieses regionaltypischen Kunsthandwerkes gefährdet. Auch andere Stickerinnen aus ganz Deutschlands sind mit mir der Meinung, dass die Schwälmer Weißstickerei dringend einen neuen Impuls braucht. Sie haben mich darin bestärkt, etwas in dieser Richtung zu unternehmen.

Um dem Interesse daran neuen Schub zu verleihen und den Blick einer breiteren Öffentlichkeit auf diese vielschichtige und dadurch einmalige Technik zu lenken, habe ich eine Bewerbung zur Eintragung der Schwälmer Weißstickerei in das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes beim Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst eingereicht.

Meine jahrzehntelange intensive Beschäftigung mit der in der Schwalm entwickelten Kombination verschiedener Sticktechniken und meine daraus gewonnene Überzeugung von deren Einmaligkeit sowie meine Sorge vor dem Niedergang dieses Kulturgutes haben mich dazu bewogen, diesen Schritt zu gehen.

Denn seit nunmehr fast 40 Jahren beschäftige ich mich sehr eingehend mit dieser Handarbeitstechnik. Hunderte Stickereien wurden von mir gefertigt. Überlieferte Projekte aus allen Zeiten seit dem Ende des 18. Jahrhunderts durfte ich analysieren. Meine vielfältigen Kontakte zu Stickerinnen aus aller Welt haben mir ermöglicht, den Blick von außen auf die Schwälmer Weißstickerei wahrzunehmen. Die gründliche Beschäftigung mit der Geschichte der Weißstickerei und Vergleiche mit den Stickereien anderer Länder haben zu meiner festen Meinung beigetragen, dass die Schwälmer Weißstickerei speziell und einzigartig ist.

Zwei renommierte Expertinnen haben meinen Antrag unterstützt.

Im April nächsten Jahres wird sich zeigen, ob diese Bewerbung einer der (bis zu vier) Vorschläge sein wird, die das Land Hessen dem Sekretariat der Kultusministerkonferenz übermittelt.

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Diese erstellt dann aus den Bewerbungen aller 16 Bundesländer eine Vorschlagsliste, die an das Expertenkomitee Immaterielles Kulturerbe bei der Deutschen UNESCO-Kommission weitergeleitet wird.

Das Expertenkomitee prüft und bewertet die Bewerbungen und unterbreitet Vorschläge, welche davon in das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen werden sollten oder welche Bewerbungen sogar für eine UNESCO-Nominierung des Immateriellen Kulturerbes aus Deutschland geeignet sind.

Die endgültige Entscheidung darüber trifft dann die Kultusministerkonferenz der Länder gemeinsam mit einer Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.

Wenn Sie wissen wollen, wie ein solches Bewerbungsformular aussieht, können Sie hier die pdf-Datei herunterladen:

Musterübertragung – Test 3

In der nächsten Zeit will ich die unterschiedlichen Herstellungsweisen von bestickten Kissenbezügen thematisieren.

Altes handgewebtes Leinen ist zum Besticken von Kissenbezügen am besten geeignet, weil es unanfällig gegen Knitterfalten ist. Nun habe ich nach einer Alternative für die Stickerinnen der Länder gesucht, in denen man nicht auf „Hausleinen“ zurückgreifen kann. Bei der Weberei Übelhör wurde ich mit pflegeleicht ausgerüstetem, naturfarbenem Leinen fündig.

Meine bevorzugte Methode, Muster auf das Leinen zu übertragen, ist das Aufbügeln mittels DEKA Bügelmusterstift. Die erfordert allerdings Hitze. Das pflegeleicht ausgerüstete Leinen jedoch kann keine große Hitze vertragen. Also suchte ich nach anderen Lösungen.

Während der Ausstellung bot sich genug Gelegenheit zum Austausch über die unterschiedlichen, von den Stickerinnen angewendeten, Transfermethoden. Einige davon werde ich im Laufe der Zeit testen. Hier ist mein Versuch mit einem non-permanent Stift der Fa. Staedtler. Anders als bei dem Tintenrollerstitft FriXion Ball von der Fa. Pilot ist die Farbe vollständig auswaschbar und erscheint auch später nicht wieder.

Achtung: Gerade erreicht mich ein Anruf einer Stickerin, die schon öfter mit dem Stift gearbeitet hat. Sie berichtet, dass die Zusammensetzung der Tinte geändert wurde und die Farbe der neueren Stifte nicht mehr auswaschbar ist. Prüfen Sie also bitte vor dem Besticken auf einem kleinen Teststück, ob sich die Farbe Ihres Stiftes auswaschen lässt oder nicht!

Mit Hilfe eines Lichtpaneels wurde das Muster auf Leinen übertragen. Naturfarbenes Leinen schluckt viel mehr Licht als weißes Leinen. Daher muss das Licht stark genug sein.

Beim Aufzeichnen störten mich die vielen kleinen Versprünge, die durch das ständige Auf und Ab der Stiftspitze beim Überqueren der Gewebefäden entstanden.

Die Linien sind fein, die Farbe ist kräftig und hält bis zum Schluss. Den Stift gibt es in vielen anderen Farben – ich hatte nur zufällig einen grünen zur Hand – und auch in verschiedenen Stärken. „F“ soll der zum Übertragen geeignetste sein.

Nach dem Besticken tauchte ich das Motiv in handwarmes Wasser, sofort löste sich die Farbe.

Nach kurzer Zeit war die Waschbrühe grün gefärbt.

Nur ganz kurzes Rubbeln war erforderlich, um auch noch die letzten Reste der Tinte aus dem Leinen zu waschen.

Das Resultat war ein sauberes Gewebe, aus dem in kürzester Zeit die Konturenlinien vollständig ausgewaschen werden konnten. Wenn die Versprünge beim Aufzeichnen nicht entstünden, wäre dies eine perfekte Methode zum Aufbringen von Mustern.

Ein herbstliches Tischband

Es ist Herbst – die Blätter fallen…..

Dies brachte mich auf die Idee, eine Stickerei mit herbstlich gefärbten Blättern zu zeigen.
Das jahreszeitliche Projekt wurde von Christa Waldmann entworfen und gestickt. Sie ordnete Blätter und Früchte verschiedener Laubbäume zu einer langen Borte an und stickte sie auf ein relativ grobes Leinenband. Das Band ist 2,20 m lang und 15 cm breit. Fadenauszug war in dem groben Gewebe nicht möglich. Christa Waldmann wählte herbstliche Farbtöne für ihr Projekt.

Zusätzlich stickte sie ein ähnliches Muster auf feinerem Leinen. In diesem Gewebe konnten Fäden gezogen werden. Dadurch wird die Palette der möglichen Flächenfüllmuster wesentlich breiter.

Flächenfüllmuster Nr. 560

Flächenfüllmuster Nr. 560

Kategorie: Lichtes Muster ohne Grundstichgitter
verwendetes Leinen: 13.5-fädig
verwendetes Garn: Vierfachstickgarn Nr. 20
angewandte Stiche: Kreuznahtstiche
Mitte: Kreuzung von 4 Gewebefäden
Breite eines Mustersegmentes = 6 Gewebefäden

Das hier zuerst gezeigte Muster ist nur eine Arbeitsprobe. Eingebettet in eine Motivfläche findet man es am Ende dieses Beitrages.

Sowohl horizontal als auch vertikal werden abwechseln 2 Fäden ausgezogen und 4 Fäden (!) stehen gelassen.

In das entstandene Fadengitter werden in 8 Schritten Kreuznahtstiche gestickt – so wie in dem Beitrag Flächenfüllmuster Nr. 559 beschrieben (hier abgebildet allerdings ohne Drehung der Arbeit).

Man fährt fort, Kreuznahtstiche in der beschriebenen Weise zu arbeiten, um die gesamte Fläche zu füllen.

Von der Vorderseite aus bietet sich folgendes Bild:

Das Muster ist ähnlich dem Muster „Falscher Röserich“, nur werden hier die Stiche auf der Rückseite nicht zusammengezogen.

Dadurch bleiben die Gewebefadenquadrate relativ flach.

Das Flächenfüllmuster Nr. 560 ist auch in der Borte eines Paradekissens von 1821 enthalten.