Musterübertragung – Test 3

In der nächsten Zeit will ich die unterschiedlichen Herstellungsweisen von bestickten Kissenbezügen thematisieren.

Altes handgewebtes Leinen ist zum Besticken von Kissenbezügen am besten geeignet, weil es unanfällig gegen Knitterfalten ist. Nun habe ich nach einer Alternative für die Stickerinnen der Länder gesucht, in denen man nicht auf „Hausleinen“ zurückgreifen kann. Bei der Weberei Übelhör wurde ich mit pflegeleicht ausgerüstetem, naturfarbenem Leinen fündig.

Meine bevorzugte Methode, Muster auf das Leinen zu übertragen, ist das Aufbügeln mittels DEKA Bügelmusterstift. Die erfordert allerdings Hitze. Das pflegeleicht ausgerüstete Leinen jedoch kann keine große Hitze vertragen. Also suchte ich nach anderen Lösungen.

Während der Ausstellung bot sich genug Gelegenheit zum Austausch über die unterschiedlichen, von den Stickerinnen angewendeten, Transfermethoden. Einige davon werde ich im Laufe der Zeit testen. Hier ist mein Versuch mit einem non-permanent Stift der Fa. Staedtler. Anders als bei dem Tintenrollerstitft FriXion Ball von der Fa. Pilot ist die Farbe vollständig auswaschbar und erscheint auch später nicht wieder.

Achtung: Gerade erreicht mich ein Anruf einer Stickerin, die schon öfter mit dem Stift gearbeitet hat. Sie berichtet, dass die Zusammensetzung der Tinte geändert wurde und die Farbe der neueren Stifte nicht mehr auswaschbar ist. Prüfen Sie also bitte vor dem Besticken auf einem kleinen Teststück, ob sich die Farbe Ihres Stiftes auswaschen lässt oder nicht!

Mit Hilfe eines Lichtpaneels wurde das Muster auf Leinen übertragen. Naturfarbenes Leinen schluckt viel mehr Licht als weißes Leinen. Daher muss das Licht stark genug sein.

Beim Aufzeichnen störten mich die vielen kleinen Versprünge, die durch das ständige Auf und Ab der Stiftspitze beim Überqueren der Gewebefäden entstanden.

Die Linien sind fein, die Farbe ist kräftig und hält bis zum Schluss. Den Stift gibt es in vielen anderen Farben – ich hatte nur zufällig einen grünen zur Hand – und auch in verschiedenen Stärken. „F“ soll der zum Übertragen geeignetste sein.

Nach dem Besticken tauchte ich das Motiv in handwarmes Wasser, sofort löste sich die Farbe.

Nach kurzer Zeit war die Waschbrühe grün gefärbt.

Nur ganz kurzes Rubbeln war erforderlich, um auch noch die letzten Reste der Tinte aus dem Leinen zu waschen.

Das Resultat war ein sauberes Gewebe, aus dem in kürzester Zeit die Konturenlinien vollständig ausgewaschen werden konnten. Wenn die Versprünge beim Aufzeichnen nicht entstünden, wäre dies eine perfekte Methode zum Aufbringen von Mustern.

Ein herbstliches Tischband

Es ist Herbst – die Blätter fallen…..

Dies brachte mich auf die Idee, eine Stickerei mit herbstlich gefärbten Blättern zu zeigen.
Das jahreszeitliche Projekt wurde von Christa Waldmann entworfen und gestickt. Sie ordnete Blätter und Früchte verschiedener Laubbäume zu einer langen Borte an und stickte sie auf ein relativ grobes Leinenband. Das Band ist 2,20 m lang und 15 cm breit. Fadenauszug war in dem groben Gewebe nicht möglich. Christa Waldmann wählte herbstliche Farbtöne für ihr Projekt.

Zusätzlich stickte sie ein ähnliches Muster auf feinerem Leinen. In diesem Gewebe konnten Fäden gezogen werden. Dadurch wird die Palette der möglichen Flächenfüllmuster wesentlich breiter.

Flächenfüllmuster Nr. 560

Flächenfüllmuster Nr. 560

Kategorie: Lichtes Muster ohne Grundstichgitter
verwendetes Leinen: 13.5-fädig
verwendetes Garn: Vierfachstickgarn Nr. 20
angewandte Stiche: Kreuznahtstiche
Mitte: Kreuzung von 4 Gewebefäden
Breite eines Mustersegmentes = 6 Gewebefäden

Das hier zuerst gezeigte Muster ist nur eine Arbeitsprobe. Eingebettet in eine Motivfläche findet man es am Ende dieses Beitrages.

Sowohl horizontal als auch vertikal werden abwechseln 2 Fäden ausgezogen und 4 Fäden (!) stehen gelassen.

In das entstandene Fadengitter werden in 8 Schritten Kreuznahtstiche gestickt – so wie in dem Beitrag Flächenfüllmuster Nr. 559 beschrieben (hier abgebildet allerdings ohne Drehung der Arbeit).

Man fährt fort, Kreuznahtstiche in der beschriebenen Weise zu arbeiten, um die gesamte Fläche zu füllen.

Von der Vorderseite aus bietet sich folgendes Bild:

Das Muster ist ähnlich dem Muster „Falscher Röserich“, nur werden hier die Stiche auf der Rückseite nicht zusammengezogen.

Dadurch bleiben die Gewebefadenquadrate relativ flach.

Das Flächenfüllmuster Nr. 560 ist auch in der Borte eines Paradekissens von 1821 enthalten.

Flächenfüllmuster Nr. 559

Flächenfüllmuster Nr. 559

Kategorie: Lichtes Muster ohne Grundstichgitter
verwendetes Leinen: 13.5-fädig
verwendetes Garn: Vierfachstickgarn Nr. 20
angewandte Stiche: Rosen- und Kreuznahtstiche
Mitte: Kreuzung von 4 Gewebefäden
Breite eines Mustersegmentes = 8 Gewebefäden

In dem Beitrag # 85 von Vivian Kwok zum Globalen Schwälmer Mustertuch habe ich ein Füllmuster entdeckt, dass ich wegen der beim Zusammenziehen der Rosenstiche entstehenden schlitzartigen Löcher interessant fand.

Dieses Muster ist nicht unbedingt typisch für die Schwälmer Weißstickerei. Es scheint eher der Hardanger Stickerei zu entstammen. Da aber in früheren Zeit in der Schwälmer Weißstickerei auch oft von der heute üblichen Fadenauszugsfolge abgewichen wurde, zeige ich dieses Muster auch für Schwälmer Bordürenmotive.

Das hier zuerst gezeigte Muster ist nur eine Arbeitsprobe. Eingebettet in eine Motivfläche findet man es am Ende dieses Beitrages.

Es werden 4 Fäden ausgezogen, 4 Fäden bleiben stehen. In die entstandenen Löcher werden Rosenstiche gearbeitet. Die einzelnen „Beinchen“ greifen dabei je zwei Gewebefäden auf. Gearbeitet wird in diagonalen Reihen von unten rechts nach oben links.

*Man sticht aus in einem Loch aus (Ausstichpunkt = Mittelpunkt des Stiches), legt eine Schlaufe nach oben und links, sticht 2 Gewebefäden links des Ausstichpunktes ein und kommt im Mittelpunkt wieder hervor.
Man zieht den Faden an, aber nicht zu fest.

Man legt eine Schlaufe nach rechts und oben, sticht 2 Gewebefäden oberhalb des Mittelpunktes ein und im Mittelpunkt wieder aus, mit dem Arbeitsfaden unter der Nadelspitze.
Man zieht den Faden nicht zu fest an.

Man legt eine Schlaufe nach unten und rechts, sticht 2 Gewebefäden rechts des Mittelpunktes ein und im Mittelpunkt wieder aus, mit dem Arbeitsfaden unter der Nadelspitze.
Man zieht den Faden nicht zu fest an.

Man legt eine Schlaufe nach links und unten, sticht 2 Gewebefäden unterhalb des Mittelpunktes ein. Wieder sticht man im Mittelpunkt aus, diesmal fasst man aber den Arbeitsfaden, der auf der Rückseite vom vorhergehenden Stich kommt, mit auf. Der Arbeitsfaden liegt unter der Nadelspitze.
Man zieht den Faden nicht zu fest an.

Der Arbeitsfaden kommt also rechts des letzten Stiches hervor. Man überquert diesen letzten Stich nach links und sticht direkt dahinter und unterhalb des ersten „Beinchens“ ein.
Von dort aus führt man den Arbeitsfaden unterhalb des Stoffes zum Mittelpunkt des nächsten Rosenstiches – 1 Kästchen diagonal links oberhalb des ersten Mittelpunktes.*

Auf diese Weise ist der Spannfaden von Rosenstich zu Rosenstich von der Vorderseite aus nicht sichtbar.
Mit Hilfe der Nadel können die einzelnen „Beinchen“ der Rosenstiche etwas verschoben werden, so dass sie in der Mitte der Seiten der Quadrate liegen.

Man wiederholt die Arbeitsschritte fortlaufend (*), bis alle freien Kästchen mit je einem Rosenstich gefüllt sind.

Mit meinem ersten Versuch war ich nicht so richtig zufrieden.
Um dem Muster mehr Stabilität zu geben, werden nun noch Kreuznahtstiche gearbeitet – von der Rückseite aus und über die Fadenkreuze (die einzelnen Schritte dazu sind weiter unten zu finden).

Ein Vergleich von der Fläche mit zusätzlich gearbeiteten Kreuznahtstichen (Bild unten rechts) und der Fläche ohne diese zusätzlichen Stiche zeigt, das die Kreuznahtstiche geeignet sind das Erscheinungsbild des Musters zu verbessern.

Dennoch war ich nicht zufrieden und startete einen neuen Versuch.

Wieder werden sowohl horizontal als auch vertikal abwechseln 4 Fäden ausgezogen und 4 Fäden stehen gelassen.

Weil es viel einfacher ist, werden die Kreuznahtstiche nun zuerst gearbeitet. Sie werden auf der Rückseite der Arbeit in 8 Schritten ausgeführt.

1. Von unten kommend, fasst man das linke Fadenpaar oberhalb des Fadenquadrates von rechts nach links auf und zieht den Arbeitsfaden durch.

2. Man fasst das gleiche Fadenpaar unterhalb des Fadenquadrates von rechts nach links auf. Man muss darauf achten, dass man den von unten kommenden Arbeitsfaden mit auffasst. Der Faden wird durch- und angezogen.

3. Man fasst man das rechte Fadenpaar oberhalb des Fadenquadrates von rechts nach links auf und zieht den Arbeitsfaden durch.

4. Man fasst das gleiche Fadenpaar unterhalb des Fadenquadrates von rechts nach links auf. Der Faden wird durch- und angezogen.

5. Man dreht die Arbeit um 90° im Uhrzwigersinn.

Man fasst das nun linke Fadenpaar unterhalb des Fadenquadrates von rechts nach links auf und zieht den Arbeitsfaden durch und an.

6. Man fasst das gleiche Fadenpaar oberhalb des Fadenquadrates von rechts nach links auf. Der Faden wird durch- und angezogen.

7. Man fasst das rechte Fadenpaar unterhalb des Fadenquadrates von rechts nach links auf und zieht den Arbeitsfaden durch und an.

8. Man fasst das gleiche Fadenpaar oberhalb des Fadenquadrates von rechts nach links auf. Der Faden wird durch- und angezogen.

Die Arbeit wird 90° gegen den Uhrzeigersinn zurückgedreht. Der Arbeitsfaden wird dann unter der linken Seite des entstandenen Kreuzes durchgezogen

um den nächsten Kreuznahtstich durch Auffassen des linken Fadenpaares oberhalb des nächsthöheren Fadenquadrates zu beginnen.

Man fährt fort, Kreuznahtstiche in der beschriebenen Weise zu arbeiten, bis die gesamte Fläche gefüllt ist.
Von der Vorderseite aus betrachtet ist ein hübsches Muster zu sehen.

Solche Muster fand ich auch in traditionellen Schwälmer Stickereien, wie hier in einer Bordüre eines Paradekissens von 1832.

Dieses Muster – jedoch mit weniger ausgezogenen Fäden – zeige ich als Flächenfüllmuster 560 in einem der nächsten Blogbeiträge.

In dem Kreismotiv wurden nun zusätzlich Rosenstiche – wie anfangs dieses Beitrages beschrieben – von der Vorderseite der Arbeit aus gestickt.

Dieses Muster in der eben gezeigten Reihenfolge zu sticken ist nicht nur einfacher, es führt auch zu einem gleichmäßigeren Erscheinungsbild.

Stickereien von Rosemarie Landsiedel-Eicken (6)

Mit dem erworbenen Kenntnisstand war es nun möglich, Wissen und Können individuell einzusetzen. Frau Landsiedel-Eicken hat ein aufwändiges, sehr individuelles und abwechslungsreiches Bordürenmuster für einen Tischläufer entworfen. Szenen des Landlebens hat sie mit viel Liebe zum Detail in sehenswerte und nicht alltägliche Stickerei umgesetzt. Gekonnt hat sie dabei beispielsweise Abschnitte von Stopfhohlsaummustern oder kleine Nadelspitzenfüllungen integriert.

Genießen Sie das vergnügliche Betrachten!