Stopfhohlsäume

Stopfhohlsäume haben eine lange Tradition in der Schwälmer Weißstickerei.

Es gibt sie in verschiedensten Ausführungen, mit schmalen oder breiten Mustersegmenten und in unterschiedlichsten Höhen. In meiner Dokumentation Schwälmer Stopfhohlsäume habe ich bereits 193 (!) voneinander abweichende Muster dargestellt. Immer wieder gibt es neue Varianten zu entdecken. Natürlich kann man mit etwas Geschick auch eigene Muster kreieren.

Sehr interessant sind für mich dabei auch die kombinierten Stopfhohlsäume, wie sie hier in den Bildern 5 und 6 zu sehen sind.

Auf einem meiner überlieferten Sammlungsstücke fand ich einen sehr interessanten Stopfhohlsaum dieser Kategorie.
Das mittlere Band besteht aus einem zweiteiligen Blockmuster mit Spinnen, das obere und untere Band wird durch ein gespiegeltes A-Muster gebildet.
(Informationen zu den einzelnen Kategorien und detaillierte Beschreibungen der Arbeitsweisen findet man in Lektion #4 – Mustertuch mit Stopfhohlsäumen.)

Dieser Stopfhohlsaum enthält augenscheinlich einen Fehler. Zwar ist jedes einzelne der drei zusammengesetzten Bänder in gleichmäßigem Rhythmus gearbeitet, aber die Mustersegmente von Mittelteil und Unter- bzw. Oberteil sind unterschiedlich breit. Dadurch kommt es zu Verschiebungen im Gesamtaussehen des Musters.

Greift man sich die einzelnen Segmente – das Musterteil, das ständig wiederholt wird – heraus, stellt man fest, dass die Segmente von Ober- und Unterteil aus je 18 Bündeln bestehen, die des Mittelteils aber nur aus 12 Bündeln.

Auch habe ich wahrgenommen, dass das Mittelteil mit extrem niedrigen Stufen gebildet wurde. Heutzutage wird die Höhe einer Stufe üblicherweise mit 4 mm angesetzt. Solche festen Regeln galten früher nicht. Doch so niedrigen Stufen wie im Mittelteil des hier gezeigten Beispiels war ich bisher noch nicht begegnet.

Das regte mich zum Ausprobieren und weiterem Kombinieren an. Oft war ich überrascht, wie unterschiedlich die Wirkung der einzelnen Musterkombinationen ausfiel. Elf Beispiele sind in meiner Dokumentation Schwälmer Stopfhohlsäume zu sehen. Doch es gibt noch viele weitere.

Schnell habe ich ein paar Musterproben gestickt. Dabei habe ich zunächst das Muster des Mittelteils mit auf 2 mm reduzierte Stufen gestickt.

Dann habe ich ein in der Stufenhöhe ebenfalls reduziertes A-Muster, allerdings mit nur einer Lochreihe zwischen den Dreiecken, daneben gesetzt. Auch überlege ich, ob neben den fertigen Stopfhohlsaum ein Erbsloch- oder nur ein Kästchenhohlsaum gesetzt werden soll.

In einem weiteren Versuch habe ich das mittlere Muster etwas in die Breite gezogen und über insgesamt 14 Bündel pro Mustersegment gearbeitet. Daneben habe ich ein Seitenteil über die volle Stufenhöhe von 4 mm, aber verkürzt auf ein Mustersegment von 14 Bündeln und mit zwei Lochreihen, gesetzt; und zwar so, dass die Zick-Zack-Linien die Spinnenteile treffen.

Durch die Verringerung des Oberteils auf 14 Bündel erstreckt sich die Basis der Dreiecke über 8 Bündel. Die Kombination mit dem darunter liegenden Block über 12 Bündel gefiel mir nicht so recht.
So habe ich weiter ausprobiert.

Eines der dabei entstandenen Muster werde ich im übernächsten Blogbeitrag präsentieren.

Haben Sie nicht Lust bekommen, auch einmal mit unterschiedlichen Kombinationsmöglichkeiten zu spielen, um neue Muster herauszufinden?

Verschlüsse von Kissenbezügen (5)

Eine attraktive und eigenwillige Variante für einen Kissenverschluss präsentierte Gertrude Vorwerk. Ihre ungewöhnliche Version mit dem am oberen Rand angeordneten schmückenden Band sieht sehr ansprechend aus und zeugt von großer Kreativität.

Sie schrieb: „Etwas verspätet auf Ihren Blog mit den speziellen Kissenverschlüssen, möchte ich Ihnen meine Version zeigen. Die ist von 1997 und ich hatte keine Ahnung wie man Kissenhüllen näht. Ich hatte erst 1996 mit dem Sticken begonnen, das ist daraus geworden!

Da ich nicht wusste, wie ich das Kissen verschließen soll – ich hatte sicher auch zu wenig Stoff –, kam ich auf den Gedanken die Abschlusskante so zu gestalten. Das blaue Band lag in meiner Schachtel mit den Geschenkbändern so rum, war perfekt für das Kissen. Ich finde es ja köstlich, dass ich damals eine ähnliche Idee hatte.“

Herzlichen Dank für die Zusendung der Bilder!

Weitere Stickereien von Gertrude Vorwerk kann man hier und hier finden.

Verschlüsse von Kissenbezügen (4)

Das handgewebte Leinen für den Sofakissenbezug 2 lag nur 76 cm breit. Ich wollte das Kissen aber nicht aus der Länge des Leinens schneiden, um Stoff zu sparen. Daher stand für den Verschluss des Kissens aber nur ein minimaler Randstreifen zur Verfügung. Ein Saum wäre nicht möglich gewesen.

Da der Zuschnitt aber auf beiden Schmalseiten über feste Webkanten verfügt, wurde der Stoff nach dem Schließen der Seitennähte nur in Breite der Webkante eingeschlagen. Der Verschluss erfolgte ähnlich dem unter Verschlüsse von Kissenbezügen (3) gezeigten.

Im Bereich der Seitennähte halten Knopflochstiche die umgeschlagene Webkante in Position, am übrigen Verschluss tun es die Einstiche der Knopflochstich-Nadelspitzenbögen.

Verschlüsse von Kissenbezügen (3)

Die Stickerei von Sofakissenbezug 1 wird gewaschen, um die Konturenlinien zu entfernen und um das Gewebe durch Schrumpfen auf die endgültige Ausdehnung zu bringen. Dann wird das Leinen gebügelt, um es exakt messen zu können. Anschließend wird es auf die benötigte Größe zugeschnitten. Hier kann man an den schmalen Seiten gegebenenfalls unterschiedlich viel überschüssigen Stoff so wegschneiden, dass die Stickerei am Ende mittig auf dem Vorderteil platziert ist.

Die nächsten Schritte zum Verschluss dieses Kissens wurden bereits in Verschlüsse von Kissenbezügen (1) – Bilder 3 bis 8 – erläutert.

Diesmal aber soll das Kissen nicht zugenäht, sondern mit Nadelspitzenbögen versehen werden.

Dazu werden die Saumkanten in gewünschten gleichmäßigen Abständen (hier 1,4 cm – weniger sollte es nicht sein) und auch übereinstimmend auf Vorder- und Rückseite markiert. Dazu beginnt man in der Mitte und endet jeweils 2 – 3 cm vor Erreichen der Seitennähte.

Unter Verwendung von Vierfachstickgarn Nr. 16 wird die Kante entlang der Markierungen mit einfachen Knopflochstich-Nadelspitzenbögen versehen.

Der Bezug wird nochmal gebügelt und über ein Kissen gezogen.

Am Schluss wird eine Kordel oder ein flaches Band (mindestens dreimal so lang wie die Breite des Kissens) durch die Bögen geführt und zusammen gezogen. Dazu faltet man das Band am Besten einmal in der Längsmitte und beginnt an einer Seite des Kissens mit abwechselndem Durchziehen der beiden Enden.

Je nachdem, in welcher Größe man die Nadelspitzenbögen arbeitet,

welches Band man verwendet

und wie stark man die Flechtung zusammenzieht, entstehen unterschiedliche optische Wirkungen.

Zweifellos ist diese Verschlussart dekorativ.

Der Verschluss kann jederzeit durch Herausziehen des Bandes einfach wieder geöffnet werden. So ist es kein Wunder, dass diese Verschlussart in der Schwalm sehr oft zum Einsatz kam.

Sofakissenbezug 1 (B)

Nachdem das Leinen zugeschnitten und die Konturenlinien auf den Stoff übertragen wurden, kann die Stickarbeit beginnen. Bei meinem ersten Versuch des Designtransfers mittels Blaupapier war ich zu zaghaft. Die Linien sind nicht sehr markant. Daher werden die in der exakten Ausführung besonders wichtigen Partien wie die Vogelköpfe und -beine sicherheitshalber sehr früh gestickt, wenn die Konturenlinien noch klar und deutlich zu sehen sind und die Stickerei ganz exakt ausgeführt werden kann.

Die Linien der Vogelköpfe werden mit umwickelten Kettenstichen (Vierfachstickgarn Nr. 20) nachgezeichnet. Diese Stiche haben einen ähnlichen Effekt wie die Knötchenstiche, sind aber etwas auftragender. Hier ist es wichtig, dass man zuerst die Kettenstiche stickt – die Umwicklungen können auch später erfolgen.

Schnabel, Vogelbeine und -augen, kleine Blättchen und die Blütenansätze der Granatäpfel werden mit Plattstichen bestickt. Wahlweise kann man dazu Vierfachstickgarn Nr. 25 oder zwei Fädchen Sticktwist verwenden. Twist hat den Vorteil, dass sich die zwei Fädchen nebeneinander legen und so die Fläche besser abdecken als ein zusammen gedrehter Faden, aber den Nachteil, dass sie sich gegeneinander verschieben und dadurch nicht immer die gleiche Fadenspannung entsteht. Um dies zu vermeiden, muss man ab und zu während des Stickens die Nadel bis zum Stoff gleiten lassen, beide Einzelfädchen vom Stoff weg in die gleiche Spannung bringen und dann die Nadel wieder in ihre Stickposition zurückschieben.

Um die dicken Stiele zum Ende hin zu verjüngen, beginnt man mit umwickelten Kettenstichen, führt die Linie dann zuerst mit breiten Stielstichen und zum Schluss mit einfachen Stielstichen weiter (Vierfachstickgarn Nr. 16).

Die dünnen Stiele können wahlweise mit Knötchenstichen oder mit einfachen Stielstichen ausgeführt werden.
Alle Flächen – bis auf die innerhalb des Gefieders – in denen Fadenauszug erfolgt, werden zunächst mit Knötchenstichen umgeben (Vierfachstickgarn Nr. 16)

Das Gefieder der Vögel wird mit unterschiedlichen Stichen dargestellt: Stielstichrhomben mit Plattstichpunkten oder Kettenstichen in der Mitte,

Plattstichbögen und Schlingstichreihen deuten die Flügel an. Die Schwanzfeder wird mit Flügelstichen ausgearbeitet.

Ein Vogelbauch wird mit Mückenstichen (einfacher Fadenauszug 3:1 und Vierfachstickgarn Nr. 25),

der andere mit Waffelstichen ausgearbeitet.

Die Mittelteile der Vogelköpfe werden mit kleinen Mückenstichen über 2 Fäden (einfacher Fadenauszug 2:1 und Vierfachstickgarn Nr. 25) bestickt.

Oberkopf und Hals werden mit Schlängchen (Vierfachstickgarn Nr. 16) verziert.

Die Mittelteile der großen Granatäpfel (Limet-Fadenauszug 3:1 und Vierfachstickgarn Nr. 25) werden mit Marburger Grundstichen bestickt, die Seitenteile mit Kettenstichen (Vierfachstickgarn Nr. 16) gefüllt. (Kettenstiche neben Knötchenstichen lassen diese immer harmonischer erscheinen.)

Die kleinen Granatäpfel und die kleinen Blattmotive erhalten einen Fadenauszug 2:1.

Sie werden mit Grundstichen oder Grundstich-verkehrt (Vierfachstickgarn Nr. 30) gefüllt.

Die großen Blattmotive erhalten einen lichten Fadenauszug 2:2 und werden mit Grundstichen (Vierfachstickgarn Nr. 30) ausgearbeitet. Mit umwickelten Kettenstichen (Vierfachstickgarn Nr. 16) kann man die Blattadern andeuten.

Die Stickerei ist fertiggestellt – die Arbeit kann gewaschen werden.

Es ist nicht zu übersehen, dass viele meiner Stiche etwas wackelig wirken. Nach der Wäsche und sorgfältigem Bügeln sehen sie viel besser aus.

Der zweite Schritt ist geschafft, das Muster ist gestickt.
Wie es weitergeht, erfahren Sie im kommenden Beitrag.