Schwälmer Weißstickerei und Klöppelspitze (1)

In der letzten Zeit habe ich viele Gestaltungsmöglichkeiten mit Stopfhohlsäumen gezeigt.

Eine interessanten Alternative hat jetzt Sylvia Sellmaier auf einem Kissenbezug entstehen lassen.

Typische Schwälmer Weißstickereiborten und eine Schwälmer Krone hat sie mit einem Klöppelspitzeneinsatz kombiniert.

Klöppelspitze hat in der Schwalm eine lange Tradition (siehe auch: Klöppelspitze in der Schwalm (1) und Klöppelspitze in der Schwalm (2) ).
Neukirchen war lange Zeit ein Zentrum der Schwälmer Klöppelspitzenfertigung. Allerdings wurde Klöppelspitze meist als Randabschluss verwendet.

Mir sind aber auch historische Stücke mit Klöppelspitzeneinsätzen bekannt.

So findet man Klöppelspitze sowohl als Randverzierung als auch als Einsatz kombiniert mit einer Filetsickereiborte auf einem Schwälmer Bettüberwurf aus dem ausgehenden 18. Jahrhundert.

Ein Bettüberwurf aus dem Beginn des 19.Jahrhunderts zeigt einen breiten Klöppelspitzeneinsatz zwischen Stopfhohlsäumen. Am Rand wurde das Tuch mit der damals gerade aufkommenden Maschinenspitze/Posamenten verziert.

In meiner großen Sammlung habe ich noch fünf weitere Stücke mit unterschiedlichsten Klöppelspitzeneinsätzen:
• einen Bettüberwurf mit aufwändiger früher Schwälmer Weißstickerei und einer sehr feinen Klöppelspitze,
• ein Paradekissen mit Stopfhohlsäumen und Gimpen-Klöppelspitze
• ein Paradekissen mit einer sehr breiten Schwälmer Weißstickereiborte, Stopfhohlsäumen und einem breiten Klöppelspitzeneinsatz,
• einen Bettüberwurf mit verschiedenen Klöppelspitzen und Krone und
• einen weiteren Bettüberwurf von 1844 mit Krone, üppigen lichten Musterborten, einem breiten Klöppelspitzeneinsatz sowie einer maschinengefertigten Glockenborte.

Diese Stücke werde ich in späteren Blogbeiträgen vorstellen.

Nun aber zu dem Kissenbezug von Sylvia Sellmaier.

Sie hat den zunächst durchgängigen Stoff für ihr Kissen mit zwei gleichen Weißstickereiborten – begrenzt durch je eine Reihe Kästchenstiche – bestickt.

Dazu wählte sie die klassischen Motive Herz, Tulpe, Blatt und

Kreis sowie

Oval. Die Zwischenräume füllte sie mit Ranken, Blättchen, Schnürlöchern und Plattstichpunkten. Als Umrandungsstiche verwendete sie geschnürte Bögen, 2kurz – 2lang und die selten zu sehende Variante mit Bögen aus Knötchenstichen , gefüllt mit 3-er Gruppen von Margeritenstichen.

Zur Füllung der Motivflächen griff sie auf traditionelle lichte Muster, meist ausgeführt mit Rosenstichen, zurück.

Eine beliebte Schwälmer Kronenform mit Korb, Palmettenzweigen, Blumen und Spiralen – gestickt mit Sticktwist in Farbe 888 – „krönte“ ihre Stickerei.

Beigefügt wurden der Krone ihre Initialen und die Jahreszahl, getrennt durch kleine Kreuzstichkronenornamente.

Die Borten hatten den Abstand der Breite der später eingesetzten Klöppelspitze. Nach Beendigung der Stickerei wurde der Stoff auseinander geschnitten und im Abstand von 10 Gewebefäden zu den Kästchenstichen zur Rückseite gefaltet.

Jede Kante wurde mit zwei Reihen von Stichen versäubert. Die erste Reihe ist ein „halber Kästchen-Stich“. Sylvia Sellmaier fand ihn in einem Klöppelbuch. Der zweite Stich ist ein herkömmlicher Kästchenstich. Beide Stiche wurden durch zwei Lagen Stoff gearbeitet. Nach Fertigstellung des Kästchenrandes wurde der überstehende Stoff abgeschnitten

und die Spitze angenäht.

Für den Einsatz hat Sylvia Sellmaier

nach einem Klöppelbrief des Buches

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Freihandspitzen in Schwälmer Textilien
Ingrid Hick, Christa Röhr, Marianne Stang
Zu beziehen bei:
Forum Alte Spitze GbR
Am Tomberg 18
52531 Übach-Palenberg

gearbeitet. Allerdings hat sie die Spitze in Torchon-Technik geklöppelt.

Sylvia Sellmaier hofft, dass sich durch den Blogbeitrag Stickerinnen/Klöpplerinnen finden, die ähnliche Stücke haben und bereit sind, diese zu zeigen oder gewonnene Erkenntnisse mit ihr zu teilen.

Flächenfüllmuster Nr. 576

Kategorie: Limetmuster
verwendetes Leinen: 13.5-fädig
verwendetes Garn: Vierfachstickgarn Nr. 30
angewandte Stiche: gekreuzte Spannstiche und Rosenstiche
Mitte: Kreuzung zweier Fadenrinnen (in anderen Konturformen: mittlere Längsachse = Fadenrinne)
Breite eines Mustersegmentes = 6 Gewebefäden

Nachdem ich mit Nr. 576 ein Flächenfüllmuster für große Motive vorgestellt habe, zeige ich hier nun ein Muster für kleine Flächen. Hatte ein Mustersegment von Nr. 576 eine Breite von 40 Gewebefäden, so hat dieses Muster nur ein Segment von 6 Gewebefäden.
Da mehr Fäden stehen bleiben als ausgezogen werden, bezeichne ich es als Limetmuster, obwohl es kein typisches Limetmuster ist.

Das hier gezeigte Muster ist nur eine Arbeitsprobe.

Zuerst erstellt man ein Fadengitter mit einer Kreuzung zweier Fadenrinnen im Zentrum,

indem man sowohl horizontal als auch vertikal jeweils abwechselnd 2 Fäden auszieht und 4 Fäden stehen lässt.

Das Muster wird gebildet aus diagonalen Reihen von abwechselnd Spannstichen, die vertikal und horizontal über die 4er-Gewebefadenquadrate verlaufen,

und Rosenstichen, deren Mittelpunkte in den freien Quadraten liegen und die auf jeder Seite 2 Gewebefäden auffassen.

Dadurch wird die Position der Gewebefäden verändert. Es entstehen kleine ovale Hohlräume, die das Muster am Ende ausmachen.

Man sticht in der Mitte der oberen Kante eines 4er-Gewebefadenquadrates aus,

*führt die Nadel senkrecht nach unten, sticht ein und zwei Gewebefäden diagonal nach links ober wieder aus.

Man führt die Nadel horizontal nach rechts, sticht ein und im freien Kästchen links oberhalb des 4er-Gewebefadenquadrates aus.

Dies ist der Mittelpunkt des ersten Rosenstiches, der mit einem Stich nach links begonnen

und gegen den Uhrzeigersinn weitergeführt wird.

Mit dem vierten Stich – hier im Bild leider nicht zu erkennen – muss man auch den Spannfaden auf der Rückseite mit auffassen, damit die neu entstehenden Löcher frei und klar abgegrenzt bleiben.

Vom Ende des Rosenstiches führt man die Nadel schräg nach links zur Mitte der oberen Kante des nächsten 4er-Gewebefadenquadrates.*

Man wiederholt die Arbeitsschritte (*) ständig

und stickt Reihe neben Reihe,

bis die gesamte Fläche gefüllt ist.

Erst nach der Wäsche entfaltet das Muster seine volle Wirkung.

Flächenfüllmuster Nr. 575

Kategorie: Lichtes Muster
verwendetes Leinen: 13.5-fädig
verwendetes Garn: Vierfachstickgarn Nr. 30 für die Grundstiche und Nr. 20 für die Rosenstiche
angewandte Stiche: Grund- und Rosenstiche
Mitte: Kreuzung zweier Fadenpaare (in anderen Konturformen: mittlere Längsachse = Fadenpaar)
Breite eines Mustersegmentes = 40 Gewebefäden

Das hier zuerst gezeigte Muster ist nur eine Arbeitsprobe. Eingebettet in eine Motivfläche findet man es am Ende dieses Beitrages.

Zuerst erstellt man ein lichtes Fadengitter mit einer Kreuzung zweier Fadenpaare im Zentrum, indem man sowohl horizontal als auch vertikal jeweils abwechselnd 2 Fäden stehen lässt und zwei Fäden auszieht.

Zuerst wird das entstandene Fadengitter mit Grundstichen stabilisiert.

Dann wird das gewünschte Muster – gebildet aus Rosenstichen in Quadraten von 4 x 4 Stichen in einem Raster aus sich kreuzenden diagonalen Rosenstichreihen – in das Grundstichgitter gestickt.

Dazu sticht man im zweiten Kästchen diagonal vom Mittelpunkt entfernt aus

und stickt ein Quadrat von 4 x 4 Rosenstichen um das Mittelquadrat von 2 x 2 freibleibenden Kästchen herum.

Von einer Ecke des entstandenen Quadrats stickt man einen Rosenstich diagonal nach außen.

Der nächste Rosenstich in dieser Diagonale ist der Eckpunkt des nächsten 4 x 4 Rosenstiche-Quadrates.

Ist der Arbeitsfaden nach Fertigstellung des Quadrates noch lang genug, könnte man – von dem einzelnen Rosenstich ausgehend, eine diagonale Rosenstichreihe arbeiten.

Den besseren Überblick über den Musterverlauf behält man allerdings, wenn man von den 4 x 4 Rosenstiche-Quadraten an jedem Eckpunkt diagonal nach außen einen Rosenstich anschließt und daran anschließend das nächste 4 x 4 Rosenstiche-Quadrat arbeitet. So kann man Fehler am ehesten vermeiden.

Sind die Rosenstichquadrate schachbrettartig über die gesamte Fläche gestickt,

werden die diagonalen Rosenstichreihen – markiert durch die einzelnen Rosenstiche – gearbeitet, zunächst in einer Diagonalrichtung

dann auch in der kreuzenden.

Ein attraktives Muster für größere Flächen ist entstanden, das man sowohl in Motive mit geraden Fadenlauf als auch solche diagonal zum Fadenlauf sehr gut einsetzen kann.

Fehler im Leinen – Was tun? (1)

Handgewebte Leinen weisen oft eine Reihe von kleinen Fehlern auf. Die meisten kann man unbeachtet lassen.

Handelt es sich aber um einen Fehler, der den Gesamteindruck stören würde, sollte man einen Weg finden, ihn zu vertuschen.

Ein deutlicher Fehler in Form einer starken Fadenverdickung – allerdings ohne Knoten – fand ich im unteren Bereich des Korbmotivs von Kissen 3.

Zunächst einmal habe ich versucht, einen Teil der Fasern mit Hilfe einer Nadelspitze zur Rückseite zu ziehen und von dort aus abzuzupfen.

Das gelang aber nur bedingt, die Fadenverdickung war immer noch so stark, dass sie sich störend auf die Gleichmäßigkeit vieler Füllmuster ausgewirkt hätte. Also musste ein Füllmuster gefunden werden, dass den Mangel überdeckt.

Ich entschied für breite Wickelstichstangen, zählte die senkrechten Gewebefäden von der mittleren Längsachse ausgehend (24 Fäden bis zum Fehler) und legte dann die Breite der Wickelstiche auf 5 Gewebefäden fest. Vorsichtshalber begann ich nicht in der Mitte des Motivs mit dem Fadenauszug, sondern links und rechts neben der Fehlerstelle.

Von dort aus wurde der weitere Fadenauszug für ein einfaches Durchbruchmuster 5:1 vorgenommen. Der Fadenauszug wurde oberhalb der Schlängchenreihe weitergeführt.

Die schadhafte Stelle wurde überstickt

und ist nach der Wäsche nur für diejenigen noch sichtbar, die wissen, wo der Fehler war.

Sofakissenbezug 3

Wie in dem Beitrag „Verkaufe handgewebtes Leinen“ bereits angekündigt, zeige ich hier nun einen Kissenbezug, der aus diesem Leinen gefertigt wurde.

Von dem 92 cm breiten Leinen wurden 44 cm abgeschnitten, um am Ende ein Kissen der Größe 40 cm x 40 cm zu erhalten.

Ein passendes Motiv wurde aufgedruckt.
In den Vergrößerungen sieht man deutlich die Mängel des Leinens: Passagen mit dickeren Fäden wechseln mit solchen dünnerer Fäden;

viele kleine und größere Flecken sind über die gesamte Fläche verteilt;

ein deutlicher Fehler ist im unteren Bereich des Korbmotivs zu sehen. Wie mit dem Fehler umgegangen wurde, zeige ich im nächsten Blogbeitrag.

Das Leinen wurde bestickt, gewaschen/gekocht und gebügelt. Danach hatte das Stück die Größe 92 cm x 43 cm – ist also nur ganz geringfügig eingelaufen.

Da das Leinen relativ dickt und sehr dicht gewebt ist, muss man sich erst an die Verarbeitung gewöhnen. Ein etwas höherer Kraftaufwand ist nötig, um die Nadel durch den Stoff zu ziehen. Dafür kann man die Stiche aber sehr exakt platzieren,

wodurch schöne Blättchen und Spiralen erzielt werden.

Der Fadenauszug gestaltet sich trotz der Dichte der Fäden ganz passabel – die Fäden reißen sowohl in Kette als auch in Schuss kaum einmal – auch nicht bei längeren Distanzen.

Sowohl einfache Durchbruchmuster

als auch lichte

und Limetmuster

entfalten eine gute Wirkung. Diese kommt erst nach der Kochwäsche voll zur Entfaltung, wie die Bilder vor

und nach der Wäsche klar verdeutlichen.

Auch Zierstiche lassen sich exakt positionieren,

was zu einem sehr positiven Gesamteindruck führt.

In den Bildern sind deutlich die Fadenverdickungen des Leinens, kleine Knoten und kleine Webfehler zu sehen. Sie wirken sich nicht negativ auf den Gesamteindruck aus. Die Flecken sind nach der Wäsche rückstandslos verschwunden.